Land der Forschung, zukunftswichtig
Gastbeitrag --- Mit dem Ausdruck "Wünsche an die Politik" ist das so eine Sache. Er erinnert zu sehr an die "Wünsche an den Weihnachtsmann" und orientiert sich an einer obrigkeitlichen Politikgestaltung. Dort die Politik, die gütig handelt, und da die Untergebenen, die Wünsche äußern. Man könnte die Relation auch egalitärer sehen: Es wäre zielführend, wenn die Politik erfährt, was das Forschungssystem für notwendig erachtet.
Aus der Perspektive heraus schlage ich drei Handlungsoptionen vor, über die es sich lohnt zu diskutieren. Sie würden dem Forschungssystem jedenfalls helfen, sich positiv weiter zu entwickeln.
1) 3+3-Budget. Wir brauchen Planungssicherheit, denn Grundlagenforschung benötigt einen langen Atem. Wenn wir heute in die Erforschung seltener Krankheiten, verschlüsselter Quanteninformationen oder in die Anwendung von Künstlicher Intelligenz investieren, dann ernten wir die Früchte vielleicht erst in einigen Jahren oder Jahrzehnten. Derzeit gibt es dreijährige Budgets für Universitäten und Forschungseinrichtungen. Es ist nun an der Zeit, einen Schritt weiterzugehen und diese dreijährigen Leistungsvereinbarungen um einen zusätzlichen dreijährigen Finanzierungsausblick zu ergänzen. Wir benötigen ein 3+3-Budget, damit unsere Investitionen nicht auf halbem Weg stranden und Forschungsvorhaben sinnvoll geplant werden können. Der europäische Weg mit seinen siebenjährigen Rahmenprogrammen kann hier als Vorbild dienen.
2) Ein Fonds für die Neugierde: Forschungsprojekte sind in der Regel mit hohem bürokratischem Aufwand verbunden. Die Finanzierung von Vorhaben, bei denen der Nutzen nicht schon zu Beginn klar erkennbar ist, ist schwierig. Wir brauchen aber die Grundlagenforschung, die themenoffen und neugiergetrieben ist. Deswegen ist es wichtig, dass der Fonds Zukunft Österreich erhalten und auf 200 Millionen Euro aufgestockt wird. Er sollte gleichzeitig entlastet werden, denn derzeit werden Grunddotationen für Forschungsförderer aus dem Fonds entnommen. Das ist nicht seine Aufgabe. Er sollte in die Lage versetzt werden, auf neue Forschungsfragen schnell zu reagieren, disruptive Ansätze zu fördern und neue Methoden, Geräte oder Kooperationen auszuprobieren. Der Fonds ist so etwas wie ein Spielbein neben dem stabilen Standbein der etablierten Forschungsförderung.
3) Wissenschaftsskepsis ernst nehmen: 73 Prozent vertrauen Wissenschaft und Forschung, hat das ÖAW-Wissenschaftsbarometer 2023 erhoben. Aber 27 Prozent tun das nicht oder nur in einem geringen Ausmaß. Derzeit laufen auf Initiative des Wissenschaftsministeriums sowie der Universitäten und Forschungseinrichtungen eine Reihe von Programmen, um mit der Bevölkerung in Dialog zu treten und Vertrauen in die Wissenschaft zu gewinnen. Es ist wesentlich, dass diese Aktivitäten weiterverfolgt und auch weiterentwickelt werden. Der Fonds Zukunft Österreich eignet sich als Finanzier. Wir müssen noch besser verstehen, wie wir die Öffentlichkeit von der Wichtigkeit von Wissenschaft und Forschung für unser Land überzeugen können. In Anlehnung an die Bundeshymne: Land der Forschung, zukunftswichtig.
Zur Person:
Heinz Faßmann ist seit Mitte des Jahres 2022 Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und folgte in dieser Funktion dem Quantenphysiker Anton Zeilinger nach. Der Geograph ist seit dem Jahr 2000 Mitglied der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW. Er war - parteilos, aber von der ÖVP nominiert - mit einer mehrmonatigen Unterbrechung von Ende 2017 bis Ende 2021 Bildungs- und Wissenschaftsminister. Zuvor war Faßmann seit 2000 Professor für Angewandte Geographie, Raumforschung und Raumordnung an der Universität Wien, wo er von 2011 bis 2017 auch Vizerektor war.
Service: Dieser Gastbeitrag ist Teil der Rubrik "Nachgefragt" auf APA-Science. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.