Wiener Firma will Getriebe mit Wasser statt Öl schmieren
Eine Wiener Firma will Getriebe künftig mit Wasser statt Öl schmieren. Die Reintrieb GmbH hat dazu spezielle Zahnräder aus Hartmetall entwickelt, mit denen wassergeschmierte Getriebe möglich werden sollen. Nach bei der TU München in Auftrag gegebenen Testreihen spricht die Firma nun von einem Durchbruch. Nächster Schritt ist ein Prototyp und eine Kapitalrunde, um die Entwicklung zur Marktreife zu bringen. Potenzial sehen die Erfinder unter anderem in der Schifffahrt.
Auch Professor Karsten Stahl, der die Tests an der Technischen Universität München gemeinsam mit seinem Kollegen Klaus-Jürgen Michaelis von der Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebebau durchführte, sprach gegenüber der APA von überraschenden Ergebnissen. "Wir hatten das so nicht erwartet", so Stahl. "Im Labormaßstab auf unseren Prüfständen hat es funktioniert, eine Anwendung scheint möglich", fasste der Maschinenbauingenieur und Spezialist für Maschinenelemente, Getriebe und Antriebstechnik zusammen. Der Verschleiß und andere Punkte wie Zahnbruch, Fressen und Oberflächenermüdung seien beherrschbar. Es gebe aber auch noch viele offene Fragen, sieht Stahl weiteren Forschungsbedarf.
Der Wunsch nach Getrieben mit alternativer Schmierung oder gar ohne Schmierung sei so alt wie die Getriebe selbst, erklärte Stahl. Zwar gebe es Kunststoffgetriebe, aber bei hochbelasteten Getrieben komme man um Stahlzahnräder und Öl als Schmierstoff derzeit nicht herum. Zum Thema "Fluidfreie Schmiersysteme mit hoher mechanischer Belastung" laufen auch in Deutschland große Forschungsprojekte.
Materialkombination als Geheimnis
Das Geheimnis von Reintrieb ist nicht das Wasser, sondern die Materialkombination. Reintrieb setzt auf Hartmetalle, die härter sind als Stahl aber dennoch elastisch genug für den Einsatz in einem Getriebe. Hinter Reintrieb stehen die Vorarlberger Brüder Dominik und Vincent Cofalka sowie der deutsche Ingenieur Siegfried Lais. Letzterer sei der "Daniel Düsentrieb" des Gründertrios, wie Reintrieb-Geschäftsführer Dominik Cofalka gegenüber der APA erklärte.
In der Schifffahrt, wo schon ein geringfügiger Wassereintritt einen Schmierabfall und damit einen Getriebeschaden verursachen kann oder in der Lebensmittelindustrie, wo ein Ölaustritt in der Produktion einen Produktrückruf auslösen kann, sieht Cofalka ökonomische Gründe für ein wassergeschmiertes Getriebe. Weil Schmierstoffe oft giftig sind, würden auch ökologische Gründe für Alternativen zum Schmieröl sprechen.
Die Reintrieb GmbH hat ein europäisches Patent für ölfreie, wassergeschmierte Hochleistungsgetriebe. Die Entwicklung und Erprobung des Konzepts wurde von Privatinvestoren und aus staatlichen Mitteln der EU (Horizon 2020), des Austria Wirtschaftsservice (aws) und der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) finanziert.
Finanzierung zum Teil schwierig
Die Finanzierung sei aber zum Teil schwierig gewesen. "Wir sind angeschaut worden wie die Irren", sagte Cofalka. Er meinte, er könne nun nachempfinden, wie es Galilei gegangen sein muss. "Jeder Ingenieur zeigte uns den Vogel". Bis 2018, als beim ersten Testlauf an der TU München "den Bayern das Lachen vergangen ist", so Cofalka. Auch die Partnersuche sei nicht einfach gewesen. "Alle reden von Innovation, aber wenn jemand mit etwas wirklich Neuem kommt, verstecken sich alle".
Cofalka denkt unter anderem deshalb an die Marine als Einstiegsmarkt, weil sein Bruder Kapitän eines Kreuzfahrtschiffes ist. Weiters sei mit dem Vorarlberger Kranhersteller Künz eine Entwicklungspartnerschaft beabsichtigt. Eine Kooperation besteht laut Cofalka auch mit dem steirischen Getriebebauer Ehgartner aus Leoben. Cofalka räumt ein, erst am Anfang zu stehen, für ihn ist nun aber der Beweis erbracht: "Und es dreht sich doch" - gemeint ist das wassergeschmierte Getriebe.