Eher seltsam als selten: JKU Experte ordnet Rekordfund von Seltenen Erden in Schweden ein
Der Fund eines riesigen Vorkommens an Seltenen Erden in Nordschweden hat vergangene Woche weltweit Aufsehen erregt. Über eine Million Tonnen dieses wertvollen Metalls soll auf ihren Abbau warten. An der Johannes Kepler Universität Linz forscht Univ.-Prof. Achim Walter Hassel an Seltenen Erden - und erklärt im Interview, warum der Fund politisch und wissenschaftlich von solcher Bedeutung ist.
Univ.-Prof. Achim Walter Hassel ist Vorstand des Instituts für Chemische Technologie Anorganischer Stoffe. Er ist ein international renommierter Experte für die Forschung an und mit Seltenen Erden.
Wie wichtig ist dieser Fund Seltener Erden in Schweden?
Prof. Hassel: Der Fund hat zwei Aspekte. Zum einen den Handelspolitischen. Die meisten Seltenen Erden kommen aus China, zunehmend auch aus den USA. China hat in der Vergangenheit schon einmal die Lieferung Seltener Erden an Japan ausgesetzt, um im Konflikt um die Senkaku-Inseln nahe Taiwan Druck auszuüben. Durch die Abhängigkeit von Chinas Wohlwollen wird der Rest der Welt erpressbar. Abhilfe kann hier eine Produktion in Europa schaffen, und genau deshalb ist dieser Fund so bedeutsam.
Zum anderen sind diese Seltenen Erden für die Forschung enorm wichtig. Durch ihre elektronische Struktur haben die Metalle der Seltenen Erden besondere magnetische und lichttechnische Eigenschaften.
Europium wird in Leuchtstofflampen und LEDs verwendet. Die Seltenen Erden Neodym und Samariumverwendet man in Magneten.
Gadolinium in der Medizin für die MRT (Magnetresonanztomografie). Yttrium in YAG -Lasern und der Lambdasonde, die bei der Abgassteuerung in Autos Emissionen vermindert oder zur Messung des Sauerstoffgehalts bei der Stahlherstellung im Linz-Donawitz-Verfahren verwendet wird.
Scandium ist ein Legierungsbestandteil für hochfestes Aluminium im Airbus A380 oder für hochwertige Rennradrahmen.
Erbium und Terbium sind in Lichtverstärkern und Lichtventilen als essenzielle Bauteile des Internets im Einsatz.
Das Oxid von Cer wird in wichtigen Schleif- und Poliermitteln verwendet. Das sind nur einige Beispiele. Man sieht: Seltene Erden sind für ein sehr breites Spektrum an Anwendungen von Bedeutung.
Jan Moström, der Chef der schwedischen Bergbaufirma, die den Fund bekanntgegeben hat, nannte das Vorkommen "eine gute Nachricht" - nicht nur für die Region und Schweden, sondern für Europa und das Klima. Was meint er damit?
Prof. Hassel: Er hat recht, weil bei der Herstellung von Elektromotoren für Elektroautos und insbesondere Windenergiegeneratoren große Mengen Neodym und Samarium für die dort verbauten Permanentmagnete gebraucht werden. Insofern ist der Fund durchaus klimapolitisch relevant.
Wie selten sind Seltene Erden eigentlich?
Prof. Hassel: In Wahrheit sind sie mengenmäßig gar nicht so selten. Als stabile Elemente sind sie viel häufiger als Silber, Platin und Gold. Sie kommen nur sehr verstreut vor und werden, so wie in Schweden, oft als Beiprodukt gefördert. Der Begriff "Seltene Erden" bezieht sich wohl auch auf ihre besonderen, selten vorkommenden Eigenschaften.
Sie forschen an Seltenen Erden - worin liegen die Bedeutung dieser Metalle?
Prof. Hassel: Wir suchen immer nach Methoden, mit denen umweltfreundlich und günstig produziert werden kann. Der Reiz der Seltenen Erden liegt darin, dass bereits mit sehr kleinen Mengen der gewollte Effekt erreicht werden kann. Wohl daher haben sie auch den Spitznamen Gewürzmetalle.
Welche Projekte haben Sie derzeit in Arbeit?
Prof. Hassel: Der Schwerpunkt meiner Forschung ist es, gezielt Störungen in Metalllegierungen zu bringen. Diese verlieren dadurch ihren kristallinen Charakter und haben dann besondere Eigenschaften, z.B. eine extrem glatte Oberfläche und eine deutlich höhere Korrosionsbeständigkeit. Mit Fachbegriff: Die Legierungen werden amorph.
Gemeinsam mit der voestalpine wurde in einem Christian-Doppler-Labor eine amorphe Zink Legierung entwickelt, die viel dünner aufgetragen werden kann. Aluminiumlegierungen mit hoher Festigkeit bei sehr geringem Gewicht können auf diese Weise ebenfalls hergestellt werden. Auf der Basis von Magnesiumund anderen im Körper vorkommenden Metallen können Legierungen für Implantate hergestellt werden, die sich nach einer gewissen Zeit von selbst auflösen.
Rückfragehinweis: Mag. Christian Savoy PR-Mitarbeiter Universitätskommunikation JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich T +43 732 2468 3012 christian.savoy@jku.at www.jku.at