Grazer High-Speed-Methode soll Medikamentenproduktion revolutionieren
Das Grazer Kompetenzzentrum RCPE hat eine High-Speed-Technologie zur rascheren Herstellung von Wirkstoffen für Medikamente entwickelt. Eine Pilotanlage steht bereits am Gelände der TU Graz. Nun bemüht man sich mit vereinten Kräften des Landes Steiermark um die Etablierung einer österreichischen Anlage, die zur Überbrückung von Medikamentenengpässen genutzt werden soll. Mehr als 40 Millionen Euro müssten investiert werden, hieß es am Mittwoch im Pressegespräch.
Im COMET-Zentrum Research Center Pharmaceutical Engineering GmbH in Graz forschen seit 2008 rund 140 Forscherinnen und Forscher an modernen Herstellungsmethoden von Medikamenten, denn mit traditionellen Mitteln dauert der Vorgang Monate. "Zur Herstellung von Medikamenten sind traditionellerweise mehrere voneinander abgetrennte Prozessschritte nötig", begründete Johannes Khinast, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter des RCPE den bisherigen Stand der Technik. Weil jeder Einzelschritt überprüft und freigegeben werden müsse, sei so eine Produktion zeitintensiv und kostenaufwendig.
Kontinuierliche Fertigungsmethoden
Die Produktion pharmazeutischer Wirkstoffe entwickle sich daher weg von den traditionellen diskontinuierlichen chemischen Prozessen in Richtung kontinuierliche Prozessführung und Durchflussverfahren. Mit solchen kontinuierlichen Fertigungsmethoden könnten Medikamente rascher, kostengünstiger und mit gesteigerter Produktqualität auf den Markt gebracht werden, zeigte sich der RCPE-Geschäftsführer überzeugt. Das könnte auch bei der raschen Herstellung von Medikamenten, die zur Behandlung einer Covid-19-Erkrankung eingesetzt werden sollen, hilfreich sein.
"Wir haben die Technologie um Wirkstoffe schnell und in großen Mengen produzieren zu können", schilderte der Grazer Verfahrenstechniker. Zur Realisierung bräuchte es allerdings noch eine kräftige Investition, die man nun mithilfe von Förderungen auch seitens der EU schaffen möchte. "Rund 40 bis 50 Millionen Euro wären notwendig", sagte Khinast am Mittwoch bei der Führung durch die Pilotanlage, die das RCPE bereits vor vier Jahren in der Inffeldgasse 13 eröffnet hat. Mehr als fünf Millionen Euro wurden dafür schon investiert.
In der Pilotanlage laufen synthetische Chemie, chemische Verfahrenstechnik, Anlagen-und Prozessentwicklung, Prozessanalytik, Simulationswissenschaften, additive Fertigung und kontinuierliche Durchflusschemie zusammen. Die für eine komplexe Synthese benötigten Substanzen werden durch Reaktionskammern im Mikroliterbereich gepumpt. Darin laufen die einzelnen Prozesse nacheinander ab.
Schützenhöfer von "Vorzeigeprojekt" angetan
Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) zeigte sich beeindruckt von dem "Vorzeigeprojekt". Um in Zukunft in der Medikamentenproduktion gut gerüstet zu sein, bedürfe es guter Vorbereitung. "Wenn wir jetzt schon hätten, was als Pilotprojekt dasteht, könnten wir sehr schnell produzieren. Diese Pilotanlage ist ein gutes Modell für Europa, daher werden wir dieses Projekt mit der Landesregierung gerne unterstützen", sagte er. "Wir haben hier mit dem RCPE ein unglaublich innovatives Unternehmen, das bereit ist, in die Anwendung zu gehen und bereit ist, seinen Beitrag für eine unabhängige Medikamentenproduktion zu leisten. Hier braucht es einen Schulterschluss", schloss sich die steirische Gesundheits- und Wissenschaftslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) dem Landeshauptmann an.
Auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) verschaffte sich einen Eindruck von der Grazer Anlage: "Forschungsförderung macht sich bezahlt. In Graz wird die Pharma- und Medizintechnologie von morgen entwickelt, die den Forschungsstandort Österreich langfristig aufwertet. Das COMET-Programm ist ein Erfolgsmodell, das wie ein Sprungbrett für Ideen wirkt ", so die Ministerin.
Das RCPE ist ein K1 COMET-Zentrum im Rahmen des Programms Competence Centres for Excellent Technologies (COMET). Es befindet sich im Eigentum der TU Graz (65 Prozent), der Universität Graz (20 Prozent) und der steirischen Joanneum Research GmbH (15 Prozent). Die Projekte werden auch von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, vom Land Steiermark und der Steirischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (SFG) gefördert.