Rax-Waldbrand - Experte: "Sehr große Dimension" für Österreich
Der seit mehreren Tagen in Hirschwang in der Marktgemeinde Reichenau a.d. Rax (NÖ) wütende Waldbrand hat für Österreich tatsächlich eine "sehr große Dimension", wie der Forstsystemexperte Florian Kraxner zur APA sagte. Wenn jetzt dort rund 120 Hektar in Flammen stehen, sei das auf einmal rund ein Viertel der ungefähr 500 Hektar, die mittlerweile hierzulande im Schnitt jährlich abbrennen. Das Ereignis zeige auch, dass die Wälder "klimafitter werden müssen".
Mit seinem dichten Forstwegesystem und den am aktuellen Stand befindlichen Feuerwehren sei Österreich eigentlich gut auf Derartiges vorbereitet. Bei dem verheerenden Brand kämen aber sehr viele ungünstige Faktoren zusammen: Im Vordergrund stehe natürlich die Wetterentwicklung mit dem abermals heißen Sommer, der nun ungewöhnlich lange in den Herbst hineinreiche. "Das ist zwar schön für uns, aber die Natur leidet", sagte der Wissenschafter vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien.
Wald im "Trockenstress"
Längerfristig gesehen herrscht in unseren Breiten vielfach auch durch den Klimawandel beförderte Dürre, was den Wald unter "Trockenstress" setzt. Daher sei es auch nicht "ganz so überraschend", dass das Ereignis jetzt so spät im Jahr auftritt: "Das passt sozusagen in dieser verlängerten Brandsaison auch in Österreich", so Kraxner. Dazu kommt die extreme Hanglage im betroffenen Gebiet und die im Bergland üblichen Aufwinde, die das Feuer rasch in höhere Lagen tragen können.
Abseits der ungünstigen Umstände beim aktuellen Fall sei künftig insgesamt mit größeren und häufigeren Waldbränden zu rechnen. Im Jahrzehnte-Vergleich sei die abgebrannte Fläche pro Jahr hierzulande bereits von rund 50 Hektar auf zuletzt rund 500 Hektar angewachsen. Diese Entwicklung passe leider genau in Prognosen, wie sich ein wärmer werdendes Klima mit anhaltenden Trockenphasen in unseren Breiten auswirkt, so der Wissenschafter, der an einem System forscht, wo auf Basis verschiedener Klimaszenarien und Bewirtschaftungsformen weltweit die Wahrscheinlichkeit für Waldbrände, deren geografische "Hot Spots", Ausdehnung, Intensität und Emissionen in Zukunft berechnet wird.
Kampf gegen die Flammen
Beim Löschen in dem steilen Gelände in den Wiener Alpen sei man nun auf in Österreich verfügbare Hubschrauber angewiesen. Deren Tragekapazität sei aber schnell ausgeschöpft. Man müsse auch bedenken, dass Waldbrände in Österreich bisher nicht so stark Thema waren, so der Experte. Im Gegensatz zu riesigen Bränden etwa in Sibirien, Australien oder im Westen der USA seien Brände in unseren Breiten noch eher kleinräumig, "aber Feuer können sofort Menschenleben gefährden". Ohne natürliche Grenzen und Regenfälle könne man dem vor allem im österreichischen Bergland nur schwer Herr werden.
Im südlichen Niederösterreich habe man jetzt aber offenbar "genau richtig reagiert" und eine weitere Ausbreitung möglichst unterbunden. So wurden breite Schneisen möglichst ohne brennbare Pflanzen geschlagen. Das Problem seien jedoch einerseits die aufsteigenden Winde im Bergland, die das Feuer bergauf tragen, und andererseits die brennenden Holzstücke, die hinabrollen, und darunter liegende Flächen ebenfalls in Brand setzen können. Mit Gegenfeuern, die dem Brand den Nachschub an Biomasse abgraben, tue man sich im dicht besiedelten Mitteleuropa eher schwer, meinte Kraxner.
Ist der großflächige Brand einmal gelöscht, werde es große Anstrengungen zur Aufforstung brauchen - auch weil der Wald dort eine wichtige Funktion für den Schutz der Quellen der Wiener Hochquellleitungen hat. In den steilen Gebieten werde man vermutlich relativ schnell wieder gezielt Bäume setzen müssen, um ein Abtragen der Erde durch kommende Starkregenereignisse zu verhindern. Es würden dort aber auch viele verbrannte Bäume stehen bleiben, die den Hang etwas stabilisieren. Die Erde sei durch den Brand auch durchaus fruchtbar, so der Experte. Daher könne man dort hoffentlich bald wieder aufforsten.
Letztlich müsse aber die Widerstandsfähigkeit der Wälder gestärkt werden. Denn der Wald "sollte dem Klimawandel ja möglichst viel entgegensetzen". Das kann er aber nicht, wenn er selbst geschädigt ist. Daher müsse man auch darauf achten, welche Bäume man wo setzt oder in ihrer Ausbreitung fördert. Für die beliebte schnellwachsende Fichte werde es aufgrund der Erwärmung in tieferen Lagen immer enger. "Generell eine größere Resilienz gegenüber Feuer haben Laubhölzer", sagte Kraxner, der für mehr Durchmischung der Baumarten plädiert. Wichtig würden hierzulande in Zukunft auch Arten, die eher aus dem Mittelmeerraum kommen.