Forscher: Amazonasfischlein haben extrem voluminöse Brustmuskeln
"Marmorierte Beilbauchfische" leben in Bächen rund um den Amazonasfluss in Südamerika. Vor Fressfeinden fliehen sie mit einem kräftigen Schlag ihrer Brustflossen, der sie kurzzeitig über die Wasseroberfläche hebt. Für solche Luftsprünge haben sie übermäßig starke Brustmuskeln entwickelt, die von ähnlich geführten Nervenbahnen wie bei Landtieren mit Armen und Vorderbeinen angeregt werden, berichten Grazer Biologen im Fachmagazin "PNAS".
Die Forscher um Ruth Gutjahr vom Institut für Biologie der Universität Graz filmten solche "Luftausflüge" mit einer Hochgeschwindigkeitskamera: Zuerst bewegten die ein paar Zentimeter langen Beilbauchfische (Carnegiella strigata) ihre Brustflossen nach vorne und dann nach unten. Dadurch brach die Wasseroberfläche auf und es bildeten sich Lufteinschlüsse an den Flanken der Tiere, schrieben sie: "Dies trägt wahrscheinlich dazu bei, die Adhäsionskräfte (Anhaftungskräfte, Anm.) zwischen den Fischen und dem Wasser zu verringern." Eine Schwanzbewegung unterstützte den kräftigen Brustflossenschlag, und schließlich erhoben sie sich für einen Augenblick in die Luft.
Große Bewegungsnervenzellen
Gewebeschnitte von solchen Fischen zeigten, dass die für diese Bewegung nötigen Brustmuskeln (die Abduktoren, Abspreizer) extrem stark ausgeprägt (hypertroph) sind: Sie haben das 27-fache Volumen ihrer Gegenspieler (Adduktoren, Hinführer), die ihre Brustmuskeln in die andere Richtung bewegen. Auch die Bewegungsnervenzellen (Motoneuronen), die jene hypertrophen Muskeln bei Bedarf aktivieren, sind auffallend groß, berichten die Forscher. Für feinmotorische Bewegungen der Brustflossen, etwa zum Steuern der Schwimmrichtung und um die Balance im Wasser zu halten, haben sie zusätzlich kleinere Motoneuronen.
Die Motoneuronen sind bei den Beilbauchfischen in ähnlichen Netzwerken mit verschiedenen Strängen angeordnet wie bei Landwirbeltieren (Tetrapoden bzw. Vierfüßler), so die Biologen. Deren Vorderextremitäten, also Arme und Vorderbeine, sind homolog und damit ursprungsgleich mit den Brustflossen der Fische, aber mit viel mehr Muskeln und Gelenken komplizierter aufgebaut. Die grundlegenden Funktionsprinzipien für das Bewegen der "Brustanhänge", vulgo Flossen, Vorderbeine und Arme, könne man demnach am besten in den Fischen studieren, erklärten sie.
Service - https://doi.org/10.1073/pnas.2413415121