Prophylaktische Entfernung der Brust senkt Mammakarzinomrisiko stark
Drei bis vier Prozent aller Mammakarzinome sind erblich durch BRCA1-/BRCA2-Mutationen bedingt. Betroffene erkranken oft schon in jungen Jahren. Die chirurgische Entfernung des Brustgewebes hat sich als mögliche Prävention etabliert. Ein internationales Wissenschafterteam mit Beteiligung aus Wien hat jetzt den Nutzen dokumentiert: Die Brustkrebsmortalität nimmt um etwa drei Viertel ab.
"Eine das Risiko reduzierende Mastektomie (RRM; Risiko reduzierende chirurgische Entfernung des Brustgewebes; Anm.) wird Frauen mit krank machenden BRCA1- oder BRCA1-Genvarianten angeboten. Es gibt aber nur beschränkt Daten über den Einfluss auf die Brustkrebs-Mortalität", schrieben jetzt Kelly Metcalfe (Women's College Hospital in Toronto/Kanada) und die Co-Autoren, unter ihnen der Wiener Experte Christian Singer (AKH Wien/MedUni Wien), in einer Studie im British Journal of Cancer (doi.org/10.1038/s41416-023-02503-8).
Eine von 300 Frauen weist BRCA1- bzw. BRCA2-Genmutationen auf
Mitte der 1990er-Jahre wurden mit BRCA1- bzw. BRCA2-Genmutationen entdeckt, die vererblich sind und häufig zu Mamma- bzw. zu Ovarialkarzinomen führen. Etwa eine von 300 Frauen und ein gleicher Anteil der Männer weisen solche Genveränderungen auf. Potenziell krank machende Mutationen im BRCA1- oder im BRCA2-Gen lassen das Brustkrebsrisiko bis zum 80. Lebensjahr auf bis zu 70 Prozent und darüber steigen. Das Eierstockkrebsrisiko ist ebenfalls stark erhöht.
Betroffenen - zumeist geht man bei der weiteren Abklärung von einem gehäuften Auftreten der Krebsarten im Familienkreis aus - werden zumindest besonders engmaschige Früherkennungsuntersuchungen empfohlen. Im Jahr 2013 wurde die Weltöffentlichkeit durch das Beispiel der US-Schauspielerin Angelina Jolie mit BRCA1-Mutation auch auf eine sprichwörtlich "radikale" Prophylaxemaßnahme aufmerksam: die vorsorgliche Entfernung des Brustgewebes. Auch die zusätzliche Entfernung der Eierstöcke ist möglich.
Die Wissenschafter versuchten jetzt, den Effekt einer prophylaktischen Mastektomie auf die Brustkrebssterblichkeit an 1.654 Frauen zu belegen. Dabei wurde jeder Probandin mit BRCA1-/BRCA2-Mutationen und einem solchen chirurgischen Eingriff einer Frau im gleichen Alter, gleichem Mutationsstatus in gleicher nationaler Herkunft gegenübergestellt. Die Gruppenbildung erfolgte per Zufall, in jeder der beiden Gruppen befanden sich 827 Frauen.
Masektomie senkt Brustkrebsrisiko
Das Ergebnis war eindeutig. "Nach einem mittleren Beobachtungszeitraum von 6,3 Jahren gab es 20 Fälle von Brustkrebs (...) und zwei Brustkrebs-Todesfälle in der Gruppe mit RRM, hingegen hundert Brustkrebserkrankungen und sieben Brustkrebs-Todesfälle in der Kontrollgruppe", schrieben die Wissenschafter.
Das bedeutete eine Verringerung der Gefährdung, an einem Mammakarzinom zu sterben, um 74 Prozent. Die Studienautoren kalkulierten, dass mit einem solchen chirurgischen Eingriff die Brustkrebs-Sterblichkeit bei betroffenen Frauen innerhalb von 15 Jahren nur noch bei 0,95 Prozent liegt.