Klima-Glossar: Massentierhaltung
Massentierhaltung bezeichnet die Haltung vieler Tiere gleicher Art und Altersgruppe auf demselben Raum. Ziel ist es, möglichst viele tierische Produkte bei geringen Kosten und wenig Platzverbrauch zu gewinnen. Industrielle Tierhaltung wirkt sich auf Umwelt, Klima und Mensch aus. Auch die Vogelgrippe gilt als Symptom der Massentierhaltung. Nicht tiergerechte Haltungsbedingungen führen zudem mitunter dazu, dass die sogenannten Nutztiere leiden und krankheitsanfälliger sind.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) versteht unter dem Begriff Massentierhaltung ein System, in dem weniger als zehn Prozent des Futters für die Tiere vom eigenen Betrieb stammt und in denen auf einer Fläche von einem Hektar mehr als zehn sogenannte Großvieheinheiten gehalten werden. Als Vorteile der industriellen Tierhaltung gelten etwa die wirtschaftliche und flächenmäßige Effizienz sowie die Versorgungssicherheit. Diese Argumente sind jedoch aus Sicht von Tier- und Umweltschützern umstritten.
Hoher globaler bzw. österreichischer Bedarf an tierischen Produkten
Intensivtierhaltungen ergeben sich aus dem hohen globalen bzw. auch österreichischen Bedarf an tierischen Produkten. Laut den aktuellen Versorgungsbilanzen der Statistik Austria wurden hierzulande im Jahr 2023 pro Kopf 86,6 Kilogramm Fleisch (vorwiegend Schwein) verbraucht. Dies entspricht einem Rückgang von 10,9 Kilogramm im zehnjährigen Vergleich. "Aber der aktuelle Fleischkonsum ist immer noch zu hoch", sagte Martin Schlatzer, Ernährungsökologe von der Universität für Bodenkultur Wien (Boku) im APA-Gespräch. In Österreich zeichne sich derzeit eine Konzentration in der Tierhaltung ab, weniger Bauern müssten mehr Tiere halten, um dem ökonomischen Druck - auch aus dem Ausland - standzuhalten. Das zeigt auch eine 2024 durch die Boku erstellte Analyse der Agrarstrukturerhebung der Statistik Austria: Gab es 1960 noch rund 715.000 Viehbetriebe, waren es 2020 nur noch 102.000.
Österreich weist zwar im europäischen Vergleich einen relativ hohen Anteil an biologischer Landwirtschaft (23,4 Prozent, Quelle: Eurostat) auf. Dennoch zeigt die Agrarstrukturerhebung, dass ein bedeutender Teil der Tierhaltung in größeren, industriellen Betrieben stattfindet. Besonders in der Schweine- und Geflügelhaltung ist der Anteil der industriellen Produktion hoch: 69 Prozent der Schweine in Österreich werden auf Vollspaltenböden, 42 Prozent der Legehennen in sogenannten Volieren - spezielle große Käfige für Vögel in Bodenhaltung - und 25,4 Prozent der Rinder sowie 35,6 Prozent der Milchkühe in Anbindeställen gehalten.
Mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Emissionen aus Nutztierhaltung
Intensive Tierhaltung benötigt hohe Mengen an zusätzlichen Futter- und folglich auch Düngemitteln. Weltweit gehen laut Zahlen des deutschen Umweltbundesamts 15 Prozent aller vom Menschen gemachten Treibhausgasemissionen auf die Tierhaltung zurück. Unter anderem gilt Methan aus den Rindermägen als klimaschädlichste Nebenerscheinung der Nutztierhaltung. Die Methan-Emissionen aus dem Verdauungstrakt von Rindern machen laut dem "Grünen Bericht" des Landwirtschaftsministeriums aus 2021 rund fünf Prozent aller Treibhausgasemissionen in Österreich aus. Insgesamt war die Landwirtschaft hierzulande 2022 laut Umweltbundesamt für 11,3 Prozent der Emissionen verantwortlich.
Österreich importiert pro Jahr rund eine halbe Million Tonnen Sojaprodukte, die ausschließlich als Futter für Tiere genutzt werden. Dabei stammt das Futtersoja großteils aus Argentinien, Brasilien und den USA. Damit spielt die weltweite Sojanachfrage auch eine entscheidende Rolle bei der Abholzung des Regenwalds. Nur rund fünf Prozent der globalen Sojaernte ist für den Menschen bestimmt. "Wenn wir mehr Soja direkt konsumieren würden, könnten wir bis zu vier Milliarden Menschen mehr ernähren", so Schlatzer. Das Futtersoja aus Übersee darf im Bio-Bereich großteils nicht eingesetzt werden, wird also vorrangig in der industriellen Tierhaltung verwendet. Soja für den menschlichen Verzehr, etwa als Pflanzendrink oder Tofu, stammt in Österreich hingegen hauptsächlich aus österreichischem oder europäischem Anbau.
Laut dem "Fleischatlas 2021" der Heinrich-Böll-Stiftung zusammen mit Global 2000 und Vier Pfoten werden 70 Prozent der globalen Agrarflächen direkt oder indirekt für die Tierhaltung verwendet - hauptsächlich zur Herstellung von Futtermitteln. Führende Anbauländer von Futtermitteln, beispielsweise Brasilien und Argentinien, gehören zu den größten Anwendern von Pestiziden, das trägt zur Verunreinigung des Grundwassers und Verlust der Biodiversität dort bei.
Nicht tiergerechte Haltung begünstigt Vogelgrippe
In einer Aussendung bezeichnete der Tierschutz Austria die industrielle Massentierhaltung zuletzt als "Brandbeschleuniger" für die Vogelgrippe und forderte mehr Förderungen für tiergerechte Tierhaltung. In den vergangenen Wochen wurde die Vogelgrippe in mehreren Regionen Österreichs bei Wildvögeln nachgewiesen. Auch Geflügelbetriebe in Ober- und Niederösterreich sind betroffen.