Schilddrüsen-Überfunktion verdoppelt Risiko für Vorhofflimmern
Gutartige, sogenannte "heiße" Schilddrüsenknoten können bei älteren Menschen Vorhofflimmern oder Osteoporose auslösen - sogar, wenn die Laborwerte noch unauffällig sind oder lediglich eine leichte Schilddrüsen-Überfunktion anzeigen. Diese Auswirkungen würden bei Älteren häufig unterschätzt, warnte am Donnerstag der Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner (BDN). Die Spezialisten raten jedem Menschen ab 65 Jahren, Labortest und Ultraschalluntersuchung durchführen zu lassen.
Bei etwa fünf Prozent der Über-65-Jährigen lösen Schilddrüsenknoten eine leichte Schilddrüsen-Überfunktion aus, eine sogenannte latente Hyperthyreose. "Das Trügerische dabei ist: Auch wenn eine leichte Überfunktion gerade bei älteren Menschen häufig keine spürbaren Beschwerden macht, kann sie gravierende Auswirkungen auf Herz-Kreislaufsystem und den Knochenstoffwechsel haben", betonte Detlef Moka, Nuklearmediziner in Essen und Vorsitzender des BDN.
Leichte Überfunktion kann bereits Osteoporose und Vorhofflimmern triggern
Eine Schilddrüsen-Überfunktion begünstigt Knochenabbau und Osteoporose und lässt so das Risiko für Schenkelhalsfrakturen um 36 Prozent, die Häufigkeit von Wirbelkörperbrüchen sogar um 51 Prozent ansteigen, wie die deutschen Experten feststellten. Vor allem aber fördert eine Drüsen-Überfunktion auch Herzrhythmusstörungen. Sie verdoppelt das Risiko für Vorhofflimmern - und steigert damit das Risiko für Schlaganfälle sowie für Herztod und Herzinsuffizienz.
"Häufig bemerken Betroffene das Vorhofflimmern gar nicht", erläuterte Moka. Doch Herzrhythmusstörungen fördern die Bildung von Blutgerinnseln, die sich aus dem Herzen loslösen und eine Arterie im Gehirn verstopfen können - Vorhofflimmern ist die Ursache für mindestens jeden fünften Schlaganfall. "Dass bereits eine leichte Überfunktion Osteoporose und Vorhofflimmern triggern kann, diese stillen Konsequenzen 'heißer' Schilddrüsenknoten werden bei Älteren häufig noch unterschätzt", so der Experte.
Ab 65 empfohlen: Check des TSH-Wertes
Eine Schilddrüsen-Überfunktion sollte deshalb schon im Frühstadium behandelt werden. "Ab 65 Jahren sollte man beim Hausarzt oder Hausärztin sicherheitshalber den TSH-Wert (Schilddrüsenhormon; Anm.) überprüfen und eine Ultraschalluntersuchung auf Schilddrüsenknoten machen lassen", riet Moka. Sind Knoten größer als ein Zentimeter vorhanden, empfiehlt sich eine Szintigrafie (nuklearmedizinische Darstellung der Schilddrüse bzw. von Veränderungen; Anm.). "Mit der Schilddrüsenszintigrafie lassen sich 'heiße' Knoten sicher identifizieren - häufig sogar noch bevor sich Veränderungen bei den Laborwerten abzeichnen", erklärte der Nuklearmediziner.
Für die Behandlung heißer Knoten, die fast immer gutartig sind, kommen manchmal Medikamente, vor allem aber eine Radiojodtherapie oder auch eine Operation in Betracht. Darüber hinaus stehen bei gutartigen Knoten sogenannte minimal invasive Verfahren zur Verfügung, die häufig mit speziellen Nadeln ("Sonden") arbeiten: Radiofrequenzablation, Mikrowellenablation, Laserablation oder - nicht nadelbasiert - hochfokussierter Ultraschall. "Auf jeden Fall sollte man im Alter auch bei einer schwach ausgeprägten Schilddrüsen-Überfunktion aktiv werden, um die Risiken für Osteoporose und Schlaganfall zu reduzieren", so Moka.