Grazer Blitzprognose-System soll Stehzeiten auf Flughäfen verringern
Arbeitsausfälle durch Gewitter können erhebliche Kosten verursachen - besonders auf Flughäfen. Ein Forschungsteam der TU Graz arbeitet an einem Echtzeit-Bewertungssystem für Blitzrisiken. Das Ziel ist, Shutdowns auf Flughäfen zu minimieren und gleichzeitig Personen und Infrastruktur zu schützen. Auch in anderen Bereichen mit hoher Blitzschlaggefahr wie etwa bei Freiluftveranstaltungen und Großbaustellen könnte es zum Einsatz kommen, teilte die TU Graz am Donnerstag mit.
Blitzentladungen bei Gewittern können bei Aktivitäten unter freiem Himmel sehr riskant werden. In Arbeitsbereichen mit hoher Blitzexposition wie zum Beispiel auf dem Vorfeld eines Flughafens kommt es bei Gewittergefahr daher aus Sicherheitsgründen zur Einstellung aller Aktivitäten. So ein Shutdown kann von einigen Minuten bis zu mehreren Stunden dauern, führt zu Verzögerungen im Flugbetrieb und zieht letztlich hohe Folgekosten nach sich. Um die Stehzeiten zu verringern und zugleich die Sicherheit zu erhöhen, haben Elektrotechniker der TU Graz ein Prognosesystem entwickelt, das das Blitzrisiko in Echtzeit bewertet. Erprobt wurde es am Grazer Flughafen, der auch durch die dort hohe Gewitterfrequenz und Blitzdichte ein prädestinierter Standort für entsprechende Vorkehrungen ist.
Kombiniert Feldmühlen, Blitzortung, Wetterdaten und Machine Learning
Herzstück des sogenannten Real Time Lightning Risk Assessment (RTLRA) ist ein Netzwerk von sechs elektrischen Feldmühlen im Umkreis von zehn Kilometern um den Flughafen. Die Feldmühlen messen die elektrostatische Feldstärke in ihrem direkten Umkreis, die sich durch die Ansammlung von Ladungen in Gewitterwolken verändert. Die Messergebnisse kombinieren die Forschenden in Echtzeit mit Daten des österreichischen Blitzortungssystems ALDIS (Austrian Lightning Detection and Information System) der OVE GmbH und Wetterradardaten der Austro Control GmbH.
Die Analyse und Kombination der Daten ermöglichte Parameter zur Vorhersage von Blitzen aus Gewitterzellen, die sich dem Flughafen nähern. Laut den Forschenden zeigte sich, dass das System in der Lage ist, in über 75 Prozent der Fälle den Zeitpunkt der ersten Blitzentladung im Flughafenbereich erfolgreich vorherzusagen. Als erfolgreich wird eine Vorhersage eingestuft, wenn sie zwei bis 30 Minuten vor der ersten Blitzentladung, die den Boden erreicht, eintritt.
Die bisherigen Erkenntnisse werden in einem automatisierten Auswertealgorithmus zusammengeführt, um Kurzzeitprognosen für Gewitter und Blitze für den Flughafenbetrieb zu erhalten und so präziser warnen und entwarnen zu können. Zusätzlich wurde auch ein künstliches neuronales Netz mit Wetterradarbildern und Blitzortungsdaten trainiert, um eine Vorklassifizierung von Wetterradardaten in Bezug auf die Blitzaktivität zu ermöglichen. Dieses System konnte mit einer über 85-prozentigen Trefferquote vorhersagen, ob innerhalb eines bestimmten Zeitraums im Untersuchungsgebiet Blitzentladungen auftreten werden.
Freiluftveranstaltungen und Großbaustellen könnten profitieren
Stefan Pack vom Institut für Hochspannungstechnik und Systemmanagement hat das von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG geförderte Projekt entwickelt und gemeinsam mit Lukas Schwalt, Sebastian Schatz und Julia Maier umgesetzt. "Dass wir die erste Blitzentladung in rund 75 Prozent der untersuchten Gewitter erfolgreich vorhersagen konnten, ist ein wichtiger Schritt für mehr Sicherheit bei Arbeiten unter freiem Himmel. Wir sind überzeugt, dass mit weiterer Forschung und mehr Daten noch einige Verbesserungen möglich sind und damit in Zukunft wetterbedingte Stehzeiten deutlich reduziert werden können.
Laut den Experten könnten die im Projekt entwickelten Methoden und Technologien zukünftig auch bei Freiluftveranstaltungen, Großbaustellen oder kritischer Infrastruktur zum Einsatz kommen.