Equal Pay Day - Frauen auch in Forschung und Entwicklung schlechter bezahlt
Der Equal Pay Day zeigt, dass Frauen noch immer deutlich schlechter bezahlt sind als Männer und bis zum Jahresende "gratis" arbeiten. Das gilt auch im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E). In den innovativen Branchen erhalten Frauen pro Kopf einen um 54 % geringeren Bruttolohn. Frauen sind außerdem in F&E stark unterrepräsentiert. Während sie mehr als 50 % der Universitätsabsolventinnen und -absolventen stellen, sind nur 24,2 % des F&E-Personals Frauen. Im internationalen Vergleich liegt Österreich hinter fast allen OECD-Staaten. Insbesondere im Unternehmenssektor besteht Aufholpotential.
Vom 22. Oktober an müssen Frauen bis zum Jahresende 71 Tage "gratis" arbeiten, um auf das durchschnittliche Jahreseinkommen der Männer zu kommen. Diese Differenz ergibt sich, weil Frauen einen um durchschnittlich 19,6 % niedrigeren Stundenlohn aufweisen. Zieht man die Bruttolöhne pro Kopf heran, so verdienen Frauen gem. Lohnsteuerstatistik um 53 % weniger als Männer. Dies berücksichtigt allerdings keine Differenzen in der Arbeitszeit oder in der Berufswahl. Auch in Forschung und Entwicklung (F&E) sind erhebliche Lohnunterschiede zu verzeichnen. In den innovativen Branchen (1) betragen die Unterschiede im Bruttolohn 54 % und liegen damit etwa im Durchschnitt aller Branchen. Das entspricht einer Differenz von knapp 19.000 € pro Jahr. In den traditionell vom öffentlichen Sektor dominierten Branchen (öffentliche Verwaltung, Erziehung und Unterricht) sind die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen dagegen unterdurchschnittlich ausgeprägt.
Abbildung 1: Bruttolohn-Differenz pro Kopf zwischen Frauen und Männern in ausgewählten Branchen (siehe nebenstehende Slideshow)
Nicht nur in der Entlohnung sind große Unterschiede zwischen Männern und Frauen zu verzeichnen, Frauen sind auch immer noch in vielen Bereichen der Forschung unterrepräsentiert und das obwohl bereits seit dem Jahr 2000 über 50 % der Universitätsabsolventinnen und -absolventen Frauen sind. Aktuell sind rund 40.000 Frauen in F&E beschäftigt, das entspricht einem Anteil von 30,6 %. Gemessen an VZÄ sind es allerdings lediglich 24,2 %. Diese Differenz ist insbesondere auf Teilzeitbeschäftigungen und unterjährig auslaufende Vertragsbefristungen zurückzuführen. Gemäß der aktuellen F&E-Erhebung von Statistik Austria ist der Frauenanteil zwischen 2007 und 2017 lediglich um 2,1 % gestiegen. Dieser sanfte Anstieg ist insbesondere auf das wissenschaftliche Personal zurückzuführen, er erhöhte sich von 20,6 % auf 23,7 %. Beim höherqualifizierten nicht-wissenschaftlichen Personal und beim sonstigen Hilfspersonal gab es hingegen kaum Verbesserungen beim Frauenanteil zu verzeichnen.
Abbildung 2: Frauenanteil am F&E-Personal in VZÄ, 2007, 2015 und 2017 (siehe Slideshow)
Zwischen den Sektoren zeigt sich, dass insbesondere im Unternehmenssektor der Frauenanteil äußerst gering ist, 2017 beträgt er lediglich 15,7 %. Gemessen an VZÄ sind 8.200 Frauen im Unternehmenssektor als F&E-Personal tätig. Im Hochschulsektor sind dagegen 43,5 % des F&E-Personals weiblich, im Staatssektor 40,5 %. Damit beschäftigen die überwiegend oder vollständig staatlichen Institutionen anteilsmäßig weit mehr Forscherinnen als der Unternehmenssektor.
Im internationalen Vergleich ist Österreich mit seinem Frauenanteil am F&E-Personal weit abgeschlagen und liegt hinter den meisten OECD-Staaten zurück. Auffällig ist allerdings, dass auch zahlreiche führende Innovationsnationen wie Schweden, die Niederlande oder auch Deutschland einen sehr geringen Frauenanteil aufweisen. Diese Länder verfügen über einen vergleichsweise hohen Anteil von F&E im Unternehmenssektor, wo Frauen traditionell schwach vertreten sind. Staaten, in denen F&E vorwiegend im Staatssektor oder an Hochschulen durchgeführt wird, liegen dagegen an der Spitze.
Abbildung 3: Anteil von Forscherinnen in Vollzeitäquivalenten in OECD-Staaten, 2007 und 2017 (siehe Slideshow)
Seitens der öffentlichen Hand wurden bereits einige Maßnahmen gesetzt, um den Anteil von Forscherinnen zu erhöhen. So hat beispielsweise der FWF in seinem Leitbild die Grundsätze von Transparenz und Fairness, Gender Mainstreaming und Chancengleichheit als wesentliche Grundprinzipien festgelegt und auch die FFG hat im Sinne des Gender Mainstreamings die Berücksichtigung von Gender- und Gleichstellungsaspekten in die Bewertung von Anträgen sowie in die Berichtslegung integriert. Mit "w-fFORTE - Wirtschaftsimpulse von Frauen in Forschung und Technologie" finanziert vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort ist aktuell ein Pilot-Programm im Laufen, welches mehr Frauen in gestaltende Rollen in der standortrelevanten Forschung und Innovation bringen bzw. diese auch sichtbar machen soll.
Darüber hinaus sind allerdings noch weitere Anstrengungen von Nöten, um den Frauenanteil am F&E-Personal nachhaltig und substantiell zu erhöhen. Dazu gehören etwa eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch einen massiven Ausbau von Ganztagesschulen und die Ausweitung der Ganztagesbetreuung, sowie ein modernes Rollenbild. Das Erreichen eines Gender-Gleichgewichts in Wissenschaft und Forschung sollte daher auch ein wesentliches Ziel der künftigen FTI-Strategie des Bundes sein.
(1) Als innovative Branchen wurden jene Wirtschaftsbereiche herangezogen, in denen gemäß Europäischer Innovationserhebung mehr als 80 % der Unternehmen innovationsaktiv sind. Das sind die ÖNACE-Bereiche 19 - Kokerei und Mineralölverarbeitung; 20 - Herstellung von chemischen Erzeugnissen; 21 - Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen; 26 - Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen; 27 - Herstellung von elektrischen Ausrüstungen; 28 - Maschinenbau; 29 - Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen; 30 - Sonstiger Fahrzeugbau; 58 - Verlagswesen; 59 - Herstellung, Verleih und Vertrieb von Filmen und Fernsehprogrammen, Kinos, Tonstudios und Verlegen von Musik; 60 - Rundfunkveranstalter; 61 - Telekommunikation; 62 - Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie; 63 -Informationsdienstleistungen.
Quelle: Statistik Austria. Darstellung: WPZ Research. Anm.: Zur besseren Übersichtlichkeit werden nur ausgewählte Branchen dargestellt.
Herausgeber: WPZ Research GmbH, Mariahilfer Straße 115/16, 1060 Wien, Internet: www.wpz-research.com
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