Justizministerium arbeitet Vergangenheit auf
Das Justizministerium arbeitet seine eigene Vergangenheit auf. Ressortchefin Alma Zadić (Grüne) hat beim Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands eine Pilotstudie beauftragt, um den Umgang des Ressorts mit Ex-Nazis in den eigenen Reihen zu betrachten. So soll etwa erforscht werden, wie nach dem Krieg die Vergangenheit der Bediensteten berücksichtigt wurde und ob in späteren Zeiten Korrekturen getroffener Personalentscheidungen vorgenommen wurden.
Aus den vorliegenden Personalakten soll eine Zufallsstichprobe gezogen werden. Bei dieser werden soziodemografische Daten, Informationen zur Karriere im Ministerium sowie zur Mitgliedschaft in politischen Parteien, speziell in der NSDAP, ausgewertet. Eine ausführliche Betrachtung soll beispielhaft in 20 Fällen erfolgen. Vorliegen soll die Studie Ende des Jahres.
Danach soll es eine umfassendere Aufarbeitung geben, erklärte die Justizministerin. In Auftrag gegeben ist diese allerdings noch nicht.
Verantwortung für die eigene Geschichte
Es sei für das Ressort wichtig, Verantwortung für die eigene Geschichte zu übernehmen, meinte Zadić bei einer Pressekonferenz. Geschichte dürfe nicht vergessen werden, das sei brandgefährlich, bereite es doch den Boden für eine Wiederholung auf.
Im Gegensatz zu Deutschland habe in Österreich das Justizministerium die eigene Geschichte nie umfassend aufgearbeitet, betonte die Ressortchefin. Dabei sei es wichtig, aus der Vergangenheit zu lernen, "damit wir die Gegenwart verstehen und die Zukunft sicher gestalten können".
Die NS-Justiz habe eine gewichtige Rolle im nationalsozialistischen Regime gespielt. Sie habe den ideologischen Krieg gegen die eigene Bevölkerung im Inneren geführt, betonte die Ministerin. Regimekritiker seien von den Gerichten abgeurteilt worden, manche direkt in die Konzentrationslager geschickt worden.
Nach dem Krieg hätten die meisten Richter und Staatsanwälte nicht viel zu befürchten gehabt, wie DÖW-Leiter Andreas Kranebitter ausführte. Wenn überhaupt seien diese nicht wegen ihrer juristischen Tätigkeit verurteilt worden sondern wegen der Mitgliedschaft in SS oder SA.
Das Justizministerium sei eine Schlüsselinstitution für die Rückkehr zu einem demokratischen und rechtsstaatlichen Österreich gewesen, betont Kranebitter. Gerade deshalb sei es wichtig, die Frage nach dem institutionellen Umgang des Ressorts mit der nationalsozialistischen Vergangenheit seines Personals kritisch aufzuwerfen.