Bauernvertreter diskutieren Biodiversitäts- und Klimaprogramm
Der ÖVP-Bauernbund und die Landwirtschaftskammer haben die Themen Biodiversität und Klima auf ihre Agenda gesetzt. "Österreichs Bauernfamilien sind Wegbereiter - der Schutz von biologischer Vielfalt und Klima ist nur mit ihnen möglich", so Bauernbund-Präsident Georg Strasser und Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger bei der Online-Präsentation des Biodiversitäts- und Klimaprogramms 2030.
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Neu: Reaktion Agrar-Branchenverbände und WWF im vorletzten und letzten Absatz
Wissenschaftlich beraten werden die Interessenvertreter von Boku-Mitarbeiter Reinhard Neugschwandtner. Er ist Assistenzprofessor am Institut für Pflanzenbau der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien. Die Themen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Energie, Jagd und Fischerei sowie Wasserwirtschaft sollen in den kommenden Monaten noch genauer unter die Lupe genommen werden.
Das geplante Klimagesetz der Europäischen Union (EU) mit dem ambitionierten CO2-Reduktionsziel für 2030 wird derzeit zwischen den EU-Staaten und dem Europaparlament verhandelt. Im Laufe des Jahres will Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) außerdem eine Biodiversitätsstrategie 2030 für Österreich vorstellen. Es gab bisher eine öffentliche Konsultation mit über 2.200 Einzelkommentaren zu einem Expertenpapier. In der Konsultationsunterlage wird unter anderem vorgeschlagen, 10 Prozent der österreichischen Waldfläche außer Nutzung (z. B. als Wildnisgebiet) zu stellen. Diesen Zielwert visiert auch die EU-Kommission in ihrer im vergangenen Jahr vorgestellten EU-Biodiversitätsstrategie 2030 an.
Bauernbund sucht Dialog mit der Wissenschaft
Die Landwirtschaftsvertreter sehen bei den Themen Biodiversität und Klima noch Gesprächsbedarf. "Wenn wir Antworten auf Artenverlust und Klimaerwärmung wollen, müssen wir den Dialog mit der Wissenschaft suchen", so Bauernbund-Chef Strasser. "Wenn wir Lösungen in puncto biologische Vielfalt oder der Nutzung von Kulturlandschaften wollen, müssen wir mit Bäuerinnen und Bauern reden". Um die geforderten Ziele bis 2030 zu erreichen, brauche man "gemeinsame Nenner und keine pauschalen Schuldzuweisungen", sagte der Bauernbund-Vertreter.
Landwirtschaftskammer-Präsident Moosbrugger verwies darauf, dass Österreich zu den EU-Ländern mit einer besonders großen biologischen Vielfalt zählt. "Um diese Vielfalt zu erhalten und weiter auszubauen, braucht es Anreize und nicht Verbote oder gar ein Außer-Nutzung-Stellen", so Moosbrugger. Daher hätten Experten aus Bauernbund und Landwirtschaftskammern das Biodiversitäts- und Klimaprogramm 2030 erarbeitet. "Wir wollen damit die Biodiversität stärken und den Klimawandel, der die größte Bedrohung für die Lebensvielfalt und das Leben insgesamt darstellt, bekämpfen", sagte der Landwirtschaftskammer-Österreich-Chef. "Alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche, vom Hausgarten bis zum Industriebereich sind gefordert, das kann nicht allein die Land- und Forstwirtschaft stemmen."
Landwirtschaft soll effizienter werden
Boku-Wissenschafter Neugschwandtner empfiehlt der Landwirtschaft effizienter zu werden, um Produktion und Nachhaltigkeit zu sichern. "Die Außerbetriebnahme von Flächen ist kritisch zu sehen. Stattdessen braucht es mehr Effizienz in der Produktion und beim Energieeinsatz", so Neugschwandtner. Beispielsweise würden eine reduzierte Bodenbearbeitung, mehr Leguminosen in der Fruchtfolge und Zwischenfruchtanbau die Biodiversität fördern. Laut Daten des Österreichischen Programm für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) wird auf rund 130.000 Hektar - rund 10 Prozent der heimischen Ackerfläche - eine reduzierte Bodenbearbeitung durchgeführt und auf 460.000 Hektar gibt es Begrünungsmaßnahmen.
Die heimischen Agrar-Branchenverbände wollen die thematische Neuausrichtung der europäischen Umwelt- und Agrarpolitik im Rahmen des Green Deals mittragen. Sie betonten aber in einer gemeinsam Erklärung, dass die österreichische Land- und Forstwirtschaft in vielen Bereichen bereits höhere Standards umsetzt und seit vielen Jahren multifunktionale Zielsetzungen verfolgt.
Für die Umweltschutzorganisation WWF Österreich sind die Ansagen der Agrarvertreter hingegen unzureichend. "Zahlreiche wissenschaftliche Studien zeigen, wie schlecht es um die Artenvielfalt in Europa bestellt ist. Daher ist es geradezu fahrlässig, wenn wichtige Maßnahmen wie zum Beispiel neue Waldschutzgebiete mit scheinheiligen Argumenten verhindert werden sollen", so WWF-Expertin Karin Enzenhofer in einer schriftlichen Stellungnahme. "Österreich braucht einen Bodenschutzvertrag und eine starke Biodiversitätsstrategie, die mit einem verbindlichen Aktionsplan samt ausreichendem Budget ausgestattet wird. Vage Anreize und Ziele reichen nicht", so Enzenhofer. Kritik übte die Umweltorganisation auch an der Flächenversiegelung. In Österreich würden pro Minute fast 100 Quadratmeter Boden verbaut.