Technologiegespräche: Experten beschwören Industrieallianz in Europa
Damit die EU-Staaten aus der Coronakrise heraus den "doppelten Übergang" in die Energiewende und das Digitalzeitalter schaffen, brauche es neue Formen der Zusammenarbeit im Industriesektor, so Experten. Ohne gemeinschaftliches Auftreten könne das rund 750 Mrd. Euro schwere Post-Corona-Investmentprogramm der EU nicht dazu genutzt werden, gegenüber den USA und China technologisch aufzuholen.
Firmen müssten sich etwa zusammenschließen und aus eigenem Antrieb heraus große Vorhaben vorschlagen, die Europa mit Hilfe des Investmentprogramms gestärkt aus der Krise herauskommen lassen, sagte die Generaldirektorin für Binnenmarkt und Industrie der EU-Kommission, Kerstin Jorna, im Rahmen einer Diskussion zur Zukunft der Industriepolitik bei den Alpbacher Technologiegesprächen. Solche Themen wären etwa die Entwicklung einer europäischen Datencloud, Weiterentwicklungen im Bereich der Energiespeicherung und Elektromobilität oder der Nutzung von Wasserstoff als Energieträger.
Bei letzterem etwa müsse man Akteure tatsächlich erst zusammenbringen. Momentan wüssten potenzielle Produzenten und Verbraucher in der Industrie noch zu wenig über die Bedürfnisse und Kapazitäten der jeweils anderen. Dazwischen stünden Fragen des Transports des Energieträgers, die nur gemeinsam gelöst werden könnten, so Jorna.
Momentan müsse Europa sehr aufpassen, im tobenden Streit um die technologische Vorherrschaft zwischen den USA und China nicht völlig abgehängt wird, sagte der Industrielle Hannes Androsch. Als kleines Land könne Österreich etwa im Feld der Datenindustrie nicht alleine aufholen. Hier brauche es "eine gemeinsame Strategie. Europa muss weit mehr tun, um aufzuholen", so Androsch.
Europa hat nötige Ressourcen
Europa sitze zwar auf jeder Menge hochqualitativer Daten, das Geschäft damit machen aber in der Regel Firmen außerhalb des Kontinents. In den 1970er Jahren habe man bereits schmerzhaft erfahren, was es heißt, in mehreren Industriebereichen abgehängt zu werden. "Wir sind jetzt wieder in ähnlicher Situation", sagte der ehemalige Finanzminister und Vizekanzler. Zwar habe Europa die nötigen Ressourcen, man schaffe es aber über weite Strecken hinweg nicht, "die Kräfte zu bündeln" und den Anschluss an die "Giganten" zu schaffen.
Im Feld der Mikroelektronik sei dies etwa stark spürbar, erklärte Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende der Infineon Technologies Austria AG. Nur drei der 20 größten Unternehmen in dem Sektor würden noch von Europa aus geleitet. Das sei nicht unwesentlich, wenn man sich ansehe, worum es geopolitisch momentan vor allem gehe - nämlich um Technologie. "Wir müssen daher stärker als gemeinsame europäische Region auftreten", so die Managerin.
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(Diese Meldung ist Teil einer Medienkooperation mit dem AIT - Austrian Institute of Technology)