Schmetterlingssterben in zwei Wellen in Salzburg
Die Intensivierung der Landwirtschaft und Landschaftsveränderungen haben seit 1920 für einen Rückgang der Schmetterlingspopulationen im Land Salzburg gesorgt. In einer aktuellen Studie wies Jan Christian Habel vom Fachbereich Umwelt und Biodiversität der Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS) zwei große Aussterbewellen von Tagfaltern Anfang und Mitte des letzten Jahrhunderts nach.
Es gab allerdings auch eine positive Nachricht: Die Naturschutzmaßnahmen ab Mitte der 1990er-Jahre, beispielsweise die Unter-Schutz-Stellung von Feuchtgebieten, bewahrten gefährdete Arten vor dem Aussterben. Die auf Feuchtgebiete spezialisierten Arten nahmen nicht weiter ab, verharren aber seither auf niedrigem Niveau, wie die Universität Salzburg am Dienstag in einer Aussendung informierte. Auch die auf der Roten Liste als gefährdet gelisteten Arten nehmen seitdem nicht weiter ab, wurde aus der Studie zitiert, die in Zusammenarbeit mit dem Haus der Natur in Salzburg, dem Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut und der Copernicus Universität in Polen verfasst wurde und nun im Fachjournal "Science of the Total Environment" erschien.
Aufzeichnungen geben bis 1920 zurück
Als Basis dieser Arbeit wurden Daten und Aufzeichnungen vom Haus der Natur Salzburg herangezogen, die bis in das Jahr 1920 zurückreichen. Mit rund 60.000 Beobachtungspunkten wurden für das Bundesland Salzburg 168 Tagfalter- und Widderchenarten über den gesamten Zeitraum repräsentiert. Die Wissenschafter stellten fest, dass bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts zahlreiche Arten in ihren Beständen rückläufig waren.
"Diese erste Welle des Artensterbens betrifft vor allem Schmetterlinge, die in sensiblen Ökosystemen wie Mooren leben", erklärte Habel. Diese Lebensräume seien bereits in der Zeit des intensivsten Bevölkerungswachstums in Europa Ende des 19. Jahrhunderts durch die starke Ausweitung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung zerstört worden. "In diesem Zusammenhang wurden beispielsweise viele Moore und Feuchtwiesen entwässert, aber auch ehemaliges trockenes Ödland in die Bewirtschaftung überführt. Auf solche Ökosysteme spezialisierte Arten nehmen seither ab."
Verschlechterung der Qualität von Lebensräumen führten zum zweiten Rückgang
Die zweite Welle setzte ab der Mitte des letzten Jahrhunderts ein. Hier führte vor allem die Verschlechterung der Qualität von Lebensräumen zu einem weiteren drastischen Rückgang der Schmetterlingsvielfalt. "Vor allem für die 1960er-Jahre wurden vermehrt Bruchstellen der Trendlinien nachgewiesen, so beispielsweise für Schmetterlinge der artenreichen mageren Wiesen des Tieflandes. Verantwortlich scheint hier die zu diesem Zeitpunkt einsetzende Industrialisierung der Landwirtschaft zu sein, mit intensiven Einsätzen von Pflanzenschutzmitteln und künstlichen Düngemitteln", erläuterte Mitautor Thomas Schmitt vom Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut.
Die Folge war, dass viele blütenreiche, magere Talwiesen mit ihrer hohen Artenvielfalt verschwanden. Dieser Trend sei bis heute ungebrochen negativ, hieß es. Seit 1980 sind auch die Bestände der Schmetterlingsarten der montanen und alpinen Stufe von diesen negativen Trends betroffen. Zu diesem Zeitpunkt schien laut Studie die Zerstörung natürlicher und naturnaher Landschaften auch in den Gebirgslagen angekommen zu sein.
"Aber nicht alles ist negativ", erklärten Habel und Schmitt. Die ab Mitte der 1990er-Jahre ausgewiesenen Schutzmaßnahmen von Feuchtgebieten und durchgeführte Pflegemaßnahmen seien nicht umsonst gewesen. Allerdings würden die Arten der Vorwarnliste, also solche, bei denen zukünftig eine Gefährdung zu befürchten ist, immer noch abnehmen, so die Wissenschafter. "Es bleibt also noch viel zu tun, um die ursprüngliche Artenvielfalt unserer Kulturlandschaften zu bewahren und zu fördern."
Service: Die Studie erschien in "Science of the Total Environment": https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969722054146
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