Klima-Glossar - Invasive Arten
Die Blaukrabbe sorgte in diesem Sommer für Schlagzeilen: Das ursprünglich nur an der Ostküste der USA und im Golf von Mexiko heimische Krustentier hat sich im Mittelmeer stark ausgebreitet und gefährdet durch seine räuberische Lebensweise Tierbestände wie Einkommen der Fischer. In Österreich breitet sich das für Allergiker problematische Ragweed ebenso massiv aus wie der Staudenknöterich - drei aktuelle Beispiele für invasive gebietsfremde Arten, die zur Gefahr geworden sind.
Invasive Arten sind eine Untergruppe der Neobiota genannten gebietsfremden Tier- (Neozoen) und Pflanzenarten (Neophyten), die erst durch den beabsichtigten oder unbeabsichtigten Einfluss des Menschen in ihnen ursprünglich fremde Lebensräume gekommen sind. Als "Stichtag" dafür gilt das Jahr 1492, da mit der Entdeckung Amerikas der transkontinentale Handel und der damit verbundene Arten-Transfer stark zugenommen hat. Invasiv werden Neobiota dann genannt, wenn sie unerwünschte Auswirkungen auf andere Arten oder Ökosysteme haben, die etwa in ihren Lebensräumen einschränken oder gar verdrängen.
"Das Auftreten gebietsfremder Arten (Tiere, Pflanzen, Pilze, Mikroorganismen) an neuen Standorten ist nicht immer ein Grund zur Besorgnis. Ein erheblicher Teil von gebietsfremden Arten kann jedoch invasiv werden und ernsthaft nachteilige Folgen für die Biodiversität und die damit verbundenen Ökosystemdienstleistungen sowie andere soziale und wirtschaftliche Auswirkungen haben, die verhindert werden sollten", heißt es in der 2014 erlassenen EU-Verordnung "über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten", die als "eine der größten Bedrohungen für Biodiversität und die damit verbundenen Ökosystemdienstleistungen" angesehen werden. "Die von solchen Arten ausgehenden Risiken können sich durch den zunehmenden weltweiten Handel, Verkehr, Tourismus und Klimawandel noch erhöhen", so die Verordnung, die die Zahl der gebietsfremden Arten in Europa auf rund 12.000 schätzt. Von diesen könnten 10 bis 15 Prozent als invasiv angesehen werden.
Dennoch umfasst die offizielle "Unionsliste" invasiver Tier- und Pflanzenarten, die mit ihrer Ausbreitung in der EU Arten oder Ökosysteme beeinträchtigen und daher der Biodiversität schaden können, erstaunlich wenige Arten. Die 2016 veröffentlichte Liste enthielt nur 37 Arten, 2022 wurde sie dann von zwischenzeitlich 66 auf 88 Arten erweitert. In Österreich kommen davon 32 Arten vor, nämlich je 16 Tier- und Pflanzenarten. Ragweed und der japanische Staudenknöterich sind dort jedoch ebenso wenig gelistet wie die aus dem Schwarzmeerraum eingewanderte Quagga-Muschel, die sich in heimischen Gewässern seit 2016 massiv ausbreitet und für ihre Ökosysteme wie für Menschen (etwa durch Verstopfung von Leitungen oder ihre scharfen Kanten) drastische Auswirkungen hat.
"Bisher ist nur die Spitze des Eisbergs in der EU-Verordnung aufgenommen, und viele wichtige invasive Arten fehlen noch", kommentiert dies der Biodiversitätsforscher Franz Essl gegenüber der APA. Er hat 2002 gemeinsam mit Wolfgang Rabitsch die erste umfassende Studie des Umweltbundesamts zu "Neobiota in Österreich" vorgelegt. Damals wurden 1.110 Neophyten (rund 27 Prozent der Gesamtflora Österreichs) angeführt, von denen 17 Arten als invasiv beurteilt wurden, 500 Neozoen (etwa ein Prozent der gesamten österreichischen Fauna), von denen 46 "aus naturschutzfachlicher Sicht eine Bedrohung der autochthonen Biodiversität" darstellten, vier Neophyten in der Moosflora Österreichs, zwei bis drei neophytische Flechten, vier neophytische Algen sowie 83 Neomyzeten unter den Pilzen. Noch heuer soll eine aktualisierte Version des Berichts erscheinen. Essl: "Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Anzahl der Neobiota in Österreich in den letzten 20 Jahren massiv zugenommen hat - um mehr als 50 Prozent."
Service: https://www.neobiota-austria.at/; https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/DP089.pdf; https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/artenschutz/invasive-arten/unionsliste.html