Klimabericht - Experte: Rolle von Weltklimarat "nicht unterschätzen"
Man sollte die Rolle des Weltklimarates (IPCC) im Zusammenhang mit den Bemühungen zur Treibhausgas-Reduktion "nicht unterschätzen", erklärte der Klimaforscher Keywan Riahi im APA-Gespräch anlässlich der heutigen Vorstellung des "Syntheseberichts" des IPCC. Das Papier zeige auch auf positive Weise viele Maßnahmen auf, die aber endlich "rasch umgesetzt" werden müssten. Auf wissenschaftlicher Seite sei man klar, wie noch nie, die Politik müsse nachziehen.
Seit der Einigung auf dem Pariser Klimagipfel im Jahr 2015 habe es die Weltgemeinschaft immerhin geschafft, Milliarden Tonnen drohender zusätzlicher CO2-Emissionen zu vermeiden. Das sei durchaus positiv, auch wenn die Anstrengungen bei weitem nicht ausreichen, um die Erderhitzung auf das angestrebte Maß zu begrenzen. Aber: In einigen Regionen der Erde, zum Beispiel auf der Ebene der EU-Kommission hätten Fragen zu Klimaentwicklung bereits einen sehr hohen Stellenwert. Die Kommission nehme hier eine "eindeutige Vorreiter-Rolle" ein, so Riahi.
Für Österreich gelte umso mehr: "Wir müssen die Klimafrage institutionalisieren." Das heißt, dass es eine Art Beirat braucht, der politische Maßnahmen dahin gehend beurteilt, welche zu erwartenden Auswirkungen sie auf die klimatischen Entwicklungen haben, betonte der Wissenschafter vom Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg (NÖ), der in seinem Bereich zu den weltweit einflussreichsten Forschern zählt, und in der IPCC-"Arbeitsgruppe III" das zentrale Kapitel zu "Vermeidungspfaden" geleitet hat.
Es brauche jedenfalls eine "effektive Einbindung" von Wissenschaftern in den gesellschaftlich so zentralen Prozess der Umstellung des Energiesystems mit allen seinen Auswirkungen, ohne dass Forscher politische Entscheidungen vorwegnehmen. Der Politik würde es gut tun, "sich multiple Auswirkungen der unterschiedlichen Lösungen rational anzuschauen", und weniger ideologiegetrieben zu agieren. Leider laufe die Diskussion hierzulande vielfach "abgehoben" von der klaren Faktenlage ab, so der Experte, der mit zahlreichen Kollegen bis zum Jahr 2025 einen zweiten "Sachstandsbericht" zum Klimawandel für Österreich vorlegen will.
Die letzten Verhandlungen um den weltweiten IPCC-"Synthesebericht" haben am Wochenende deutlich länger gedauert, als von vielen erwartet. "Es ist immer schwierig zu entscheiden, welche Aspekte am Schluss prioritär behandelt werden", so Riahi. Jetzt sei der Report aber "sehr eindeutig" und biete auch ein "positives Narrativ".
Rasch handeln lohnt sich
Neben den weiter steigenden Risiken zeigt der Bericht auch auf, "dass wir eine nachhaltigere, bessere Zukunft sicherstellen können, wenn wir rasch handeln". Es werden Maßnahmen aufgezeigt, die dorthin führen können, wobei aber auch klar gesagt wird, dass bisherige internationale und nationale Bestrebungen nicht annähernd ausreichen, betonte Riahi.
So wurden der Photovoltaik- oder Windkraft-Ausbau und Batterien zum Energiespeichern zuletzt deutlich kostengünstiger: "Wir hatten hier einen enormen Innovationsschub." Das mache Alternativen wirtschaftlich konkurrenzfähiger.
Der Bericht hebe u.a. auch die Rolle der weltweit wachsenden Städte bei Energiesparen im Zusammenhang mit Transport, der Industrieproduktion oder bei den Gebäuden hervor. "Ob wir die realisieren können, wird davon abhängen, ob wir tatsächlich in die Alternativen investieren", so Riahi. Sind dann die nötigen Infrastrukturen vorhanden, können politische Maßnahmen gesetzt werden, damit die neuen Angebote preislich besser dastehen.
Ein Punkt komme in dem Papier stark heraus: Die Klimawandel-Vermeidung und -Anpassung gelingt jenen Ländern besser, die klare, bindende und verlässliche Regelungen in Kraft haben. Ein "Hin und Her" was Förderungen und wirtschaftliche Rahmenbedingungen betrifft, sei eindeutig nicht zielführend, so der Wissenschafter, der am Freitag auch auf einem Symposium zum "Synthesebericht" an der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) sprechen wird.
Service: Informationen zum Symposium an der ÖAW unter http://go.apa.at/xun8pbj4