Klima - Ungünstige Holznutzung trübt Freude über Plus bei US-Wäldern
Einer Analyse unter der Leitung von Wiener Forschern zufolge hat die Biomasse der US-Wälder Zeitraum von 1926 bis 2017 um rund 40 Prozent zugenommen. Das ist u.a. darauf zurückzuführen, dass sich die durch Brände zerstörte Fläche im Untersuchungszeitraum um 90 Prozent reduziert hat. Der positive Klima-Effekt, den die Waldzunahme bringt, werde jedoch dadurch getrübt, dass viel Holz entnommen wird, das zu einem großen Teil zu kurzlebigen Produkten wie Papier verarbeitet wird.
Hinter Russland, Brasilien und Kanada sind die USA das Land mit der größten Waldfläche weltweit. Schlagzeilen machten die US-Forste in den vergangenen Jahren vielfach durch ausgedehnte und wiederkehrende Brände vor allem im Westen des Landes. Allerdings ist die längerfristige Entwicklung des Biomassebestands der Wälder deutlich positiver als die jüngsten Berichte erahnen lassen, wie nun auch die Studie der Wissenschafter um Andreas Magerl vom Institut für Soziale Ökologie (SEC) der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien zeigt.
Im Fachblatt "Global Biogeochemical Cycles" kommt das Team auf ein Plus bei der Wald-Biomasse von 40 Prozent in dem untersuchten Zeitraum. Das korrespondiert aber nicht mit einem größeren Zuwachs der Waldfläche, erklärte Magerl im Gespräch mit der APA.
Für Europa und Österreich sei eine derart detaillierte Analyse der Waldbrandaktivitäten über einen derart langen Zeitraum aufgrund der Datenlage nicht möglich. Die dafür notwendigen Informationen wie beispielsweise Satellitendaten gibt es erst in etwa ab den 1980er-Jahren. Die USA seien hier ein "Sonderfall" was die Daten betrifft, da detaillierte historische Statistiken existieren, die mit modernen Satellitendaten vergleichbar sind.
Waldbrand-Anzahl ging im Laufe der Zeit zurück
Die Forscher haben auf dieser Basis und mithilfe anderer Quellen abgeschätzt, wie sich die Waldbrände, die Holzernte und die Waldweide, also Nutztiere, die in den Wäldern fressen, auf die Biomasseentwicklung auswirken. Die Situation vor 1926 hat man aus diversen historischen Quellen extrahiert, um das Vermächtnis vergangener Landnutzung besser zu verstehen, erklärte Magerl. So wurden vor allem im Verlauf des 19. Jahrhunderts viele Wälder gerodet oder als Material- und Brennholzlieferant "übernutzt". Zudem gab es die Praxis, Vegetation durch Brandrodung zu kontrollieren sowie Ernterückstände zu verbrennen, was zu vielen sich ausbreitenden Feuern und teilweise verheerenden Bränden führte. Auch am Beginn des Untersuchungszeitraumes wurden noch sehr viele vom Menschen verursachte Feuer berichtet.
Das änderte sich dann aber. Über die Zeit hinweg ging die Waldbrand-Anzahl laut der Studie um insgesamt 90 Prozent zurück. Dazu kamen vor allem auch im Süden der USA Umstellungen der Landwirtschaft, was vielerorts zu Wiederbewaldung führte. Auch im Osten des Landes konnte die Wald-Biomasse wieder zunehmen.
Im Westen blieb die Situation der Waldbiomasse im Untersuchungszeitraum auf hohem Niveau in etwa gleich. Das liegt daran, dass dort in Folge zunehmender Trockenheit und Hitze in den vergangenen Jahrzehnten Waldbrände und Schädlingsbefall zunahmen, was einem stärkeren Biomassewachstum entgegenwirkte. Leider brannten dort auch viele geschützte Forste, etwa in Nationalparks.
Balance zwischen Kohlenstoffspeicherung und Nutzung von Holz
Aus Sicht der Abfederung des Klimawandels ist das Biomasse-Plus der US-Wälder positiv. Die Forste könnten aber noch weit mehr CO2 einlagern, zeigte sich der Boku-Forscher überzeugt. Laut der neuen Analyse werden nämlich im Schnitt rund 70 Prozent der jährlich nachwachsenden Waldbiomasse wieder entnommen bzw. zerstört: Der allergrößte Anteil davon entfällt auf die Holzernte.
Um einen positiven Beitrag für das Klima zu leisten, wäre es laut Magerl wichtig, eine Balance zwischen der Kohlenstoffspeicherung in Wäldern und der Nutzung von Holz zu finden, etwa wenn das entnommene Holz zu Produkten verarbeitet wird, die möglichst lange benutzt werden. Ein klassisches Beispiel ist die Errichtung eines Gebäudes, das über viele Jahrzehnte steht. Die derzeitige Entwicklung gehe jedoch eher in die Gegenrichtung, erklärte der Forscher: "Gerade in den USA ist es so, dass der Anteil an geerntetem Holz, der in kurzlebige Produkte geht, in den letzten Jahren wieder zugenommen hat." Zu den Verwertern zählen unter anderem die Papierindustrie, außerdem steigt der Anteil der Entnahme für Holz, das zur Energiegewinnung verheizt wird.
Hier zeige die Studie auch klar, wie komplex die möglichen Klimaeffekte verschiedener Waldnutzungsformen sein können. Natürlich scheint Wachstum von Biomasse im ersten Moment "eine super Nachricht" zu sein, blicke man aber im Detail auf die zugrunde liegenden Treiber, die dies ermöglichen, finden sich auch Prozesse, die dem positiven Effekt entgegenwirken oder ihn abschwächen, betonte der Wissenschafter. Das gelte auch, wenn es um Diskussionen zur Aufforstung und Holznutzung als möglichen "Klimaretter" global, aber auch in unseren Breiten geht.
Service: https://doi.org/10.1029/2023GB007813