Lehrerausbildung - Fachdidaktiker warnen vor übereilter Reform
Die Österreichische Gesellschaft für Fachdidaktik (ÖGFD) warnt vor einer übereilten Verkürzung des Lehramtsstudiums. In der öffentlichen Diskussion müsse man zunächst die Komplexität der Lehramtsausbildung sowie Forschungserkenntnisse in den Blick nehmen, hieß es in einer Aussendung. Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) plant eine Verkürzung des Bachelor-Studiums für alle angehenden Lehrer, für die Sekundarstufe würde die gesamte Ausbildung überhaupt ein Jahr früher enden.
Die von Polaschek als Mittel gegen den Lehrermangel forcierte Reform sieht vor, dass die Lehrerausbildung künftig aus drei Jahren Bachelor- und zwei Jahren Masterstudium besteht. Derzeit sind es in der Primarstufe (v.a. Volksschule) vier Jahre Bachelor plus ein Jahr Master, bei der Sekundarstufe (Mittelschule, AHS, BMHS) vier Jahre Bachelor plus zwei Jahre Master. Der Master soll außerdem besser berufsbegleitend studierbar werden. Mit dem Bachelorabschluss können Absolventen aber schon regulär an den Schulen zu unterrichten beginnen.
Derzeit gibt es zur Reform noch keinen Begutachtungsentwurf, da die Grünen Bedenken haben. Sie sehen vor allem die Verkürzung der Ausbildung für die Sekundarstufe kritisch.
Fachdidaktiker beharren auf längere Ausbildung
Polaschek argumentierte unter anderem damit, dass Bachelor-Studien in Österreich grundsätzlich drei Jahre dauern - die Ausnahme für das Lehramtsstudium passe nicht ins System. Das sehen die Fachdidaktiker anders: Das Lehramtsstudium bestehe aus mehreren Teilen: Für die Sekundarstufe müssten mindestens zwei Fächer studiert werden, wobei in jedem davon fachwissenschaftliches und fachdidaktisches Wissen erworben, deren Transfer in die Schulpraxis erprobt sowie forschungsgeleitet reflektiert werden müsse. Dazu kämen bildungswissenschaftliche Grundlagen bzw. Praktika. "Diese für qualitätsvolles Unterrichten notwendigen, verschiedenen Teile des Lehramtsstudiums sind der Grund, warum der Bachelor-Abschluss im Lehramt ein Jahr länger dauert als ein Fach-Bachelor im gleichen Gebiet."
Unter den derzeitigen Bedingungen komme eine reine Verkürzung des Studiums einer Qualitätsminderung gleich, argumentiert die ÖGFD als Dachverband der 21 fachdidaktischen Gesellschaften in Österreich. Einer durchdachten Reform der gesamten Lehramtsausbildung stehe man aber positiv gegenüber.
In den aktuellen politischen Überlegungen sieht die Gesellschaft "kein Konzept, das sich an den Qualitätsstandards einer professionellen Lehrkräftebildung sowie dem aktuellen Forschungsstand orientiert". Daher fordert man einen "breiten Diskurs unter Berücksichtigung aktueller Studienergebnisse, bevor vorschnell eine Verkürzung des Lehramtsstudiums umgesetzt wird".