Außerordentliche Schüler - Forderung nach Pflicht-Elternberatung
Sollen mehr Kinder aus Zuwandererfamilien die Unterrichtssprache Deutsch schon vor dem Eintritt in die Volksschule gut Deutsch beherrschen, müsste man aus Sicht von Natascha Taslimi vom Netzwerk Elementarer Bildung Österreichs (NEBÖ) die Eltern stärker ins Boot holen. Im Gespräch mit der APA plädiert sie dafür, das Thema Deutschförderung in den Eltern-Kind-Pass mit seinen verpflichtenden Untersuchungen zu integrieren, die Voraussetzung für den Bezug der Familienbeihilfe sind.
"Da müsste Elternbildung ein Element sein, also dass man Eltern sagt: Du musst dein Kind unterstützen, wenn du willst, dass es eine erfolgreiche Bildungslaufbahn hat." Offensichtlich hätten viele Eltern die Erwartung, dass die Kinder Deutsch ohnehin in Kindergarten und Schule lernen würden. Unter den aktuellen Bedingungen in Österreich könne das aber der Kindergarten nicht leisten. Auch eine Volksschullehrerin, die überwiegend alleine mit 25 Kindern in der Klasse stehe, könne Kinder nicht ausreichend in ihrer Mehrsprachigkeit fördern. "Die Eltern müssen verstehen: Zweisprachigkeit ist gut, das weiß man auch aus der Hirnforschung. Aber sie müssen bitte auch ihren Beitrag leisten."
Stunden im Kindergarten mit großem Einfluss auf Deutschniveau
Dass die Politik Hoffnungen in den Kindergarten setzt, damit künftig weniger Kinder mit Problemen in der Unterrichtssprache in den Schulklassen sitzen, ist für Taslimi schlüssig. Die Kindergärten als erste Bildungseinrichtung könnten hier "wunderbar" einen Beitrag leisten - allerdings nur, wenn die Qualität beim Personal und den Rahmenbedingungen passe.
Außerdem sollten die Eltern jene Kinder, die am dringendsten Sprachförderung bräuchten, nicht schon zu Mittag wieder abholen müssen. "Das hat einen ganz großen Einfluss", so Taslimi. In den städtischen Kindergärten Wiens mussten Kinder, bei denen nicht beide Eltern berufstätig sind, lange schon zu Mittag wieder gehen. Mittlerweile dürfen sie wenigstens bis 14 Uhr bleiben.
Für Taslimi ist der eingeschränkte Kindergartenbesuch auch die mögliche Erklärung dafür, wieso im aktuellen Schuljahr in Wien 45 Prozent der Volksschüler in den ersten Klassen wegen schlechter Deutschkenntnisse einen außerordentlichen Status zuerkannt bekommen haben, obwohl diese Kinder davor im Schnitt über zwei Jahre in einem Kindergarten waren.
Ungeprüftes Personal als Qualitätsproblem
Dazu komme, dass wegen des Personalmangels als Übergangslösung immer mehr nicht geprüfte Pädagoginnen im Einsatz sind. Qualifizierte Elementarpädagoginnen seien geschult darin, wie man mehrsprachige Kinder im Alltag in ihrer Sprachentwicklung fördert. Dass so viele Kinder trotz Kindergartenbesuchs Probleme mit der deutschen Sprache haben, "sind einfach die Ergebnisse dieser Praktiken".