Ehrendoktorat für belarussische Oppositionelle Kalesnikawa in Graz
Die belarussische Oppositionelle und Künstlerin Maryja Kalesnikawa wird von der Kunstuniversität Graz (KUG) mit einem Ehrendoktorat gewürdigt. Weil die Bürgerrechtlerin seit September 2021 in einer Strafkolonie inhaftiert ist, wird am 7. Oktober ihre Schwester Tatsiana Khomich die Ehrenurkunde entgegennehmen, wie es vonseiten der KUG hieß. Die in Berlin lebende, belarussische Philosophin Olga Shparaga wird die Laudatio halten.
"Wir wollen den selbstlosen Einsatz dieser großartigen Musikerin für eine liberale Demokratie in Belarus würdigen und gleichzeitig verhindern, dass ihr großes persönliches Opfer an Sichtbarkeit verliert", betonte KUG-Rektor Georg Schulz im Vorfeld der Verleihung. Die Querflötistin und Dirigentin Kalesnikawa war im Zuge der Präsidentenwahl im August 2020 zusammen mit der Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo international bekannt geworden. Sie hatte sich nach den Fälschungsvorwürfen bei der umstrittenen Wahl den Massenprotesten gegen Machthaber Alexander Lukaschenko angeschlossen. Die Proteste wurden brutal niedergeschlagen.
Vom Geheimdienst entführt
Während die beiden anderen Frauen mittlerweile im Ausland im Exil leben, blieb Kalesnikawa in ihrer Heimat. Als die Aktivistin vom Geheimdienst in Minsk entführt wurde und in die Ukraine abgeschoben werden sollte, zerriss sie kurz vor dem Grenzübergang ihren Pass und vereitelte so Pläne, sie aus dem Land zu vertreiben. Im Herbst 2021 wurde sie in einem international kritisierten Prozess zu elf Jahren Straflager verurteilt. Das Europäische Parlament forderte wiederholt ihre Freilassung.
Der Senat der Kunstuniversität Graz verwies in seiner Begründung auf zentrale kulturelle Ziele der KUG, für die Maryja Kalesnikawa unter Einsatz ihrer Gesundheit und ihres Lebens eintritt: "Kunst und Wissenschaft gibt es nur in Freiheit und die Tendenzen eines immer unverhohleneren Rückbaus demokratischer Errungenschaften - auch in unserer unmittelbaren Umgebung - fordern uns auf, diese Freiheit immer wieder entschlossen zu behaupten und zu verteidigen."
Maryja Kalesnikawa studierte u. a. in Stuttgart Alte und Zeitgenössische Musik und lebte als Querflötistin und Kulturmanagerin zwölf Jahre in Deutschland. Insbesondere war sie dem ECLAT-Festival für Zeitgenössische Musik verbunden und arbeitete für InterAKT, eine Initiative, die Künstlerinnen und Künstler aus verschiedenen Sparten zu gemeinsamen Projekten vernetzt.
Anlässlich der Verleihung des Ehrendoktorats wird bereits am Vortag im Grazer Schubertkino der Aljaksei Palujan-Film "Courage" gezeigt, der einen Einblick in das Leben der Menschen im heutigen Belarus gibt, die für ihre Freiheit und das Recht auf Demokratie kämpfen. Im Anschluss ist ein Publikumsgespräch mit Regisseur Aljaksei Palujan geplant.
Kalesnikawa hat 2022 den Bruno-Kreisky-Menschenrechtspreis erhalten und wurde im selben Jahr auch von der Salzburger Mozarteum-Universität zur Ehrenprofessorin ernannt.
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