Steife Brise im All: Forscher maßen erstmals Sonnenwind dreier Sterne
Einem Wiener Astronomen-Team ist es erstmals gelungen die Sonnenwinde, die ferne Sterne in ihre unmittelbare kosmische Umwelt hinausblasen, mittels Analysen von Röntgenstrahlen zu messen und die Windstärken abzuleiten. Die im Fachjournal "Nature Astronomy" präsentierten Ergebnisse zu drei unserer Sonne ähnlichen Himmelskörpern offenbaren, dass dort ein deutlich anderer, weil stärkerer stellarer Wind weht.
Bei ihren Beobachtungen haben sich die Wissenschafterinnen und Wissenschafter um die Astrophysikerin Kristina Kislyakova von der Universität Wien auf den rund 16,6 Lichtjahre von der Sonne entfernten Stern "70 Ophiuchi", den ungefähr 10,5 Lichtjahre entfernten "epsilon Eridani" und auf den noch einmal rund ein Lichtjahr weiter weg beheimateten "61 Cygni" fokussiert. Von unserer Sonne strömen ständig geladene Teilchen - vor allem Protonen und Elektronen sowie hauptsächlich Wasserstoff- und Helium-Ionen, aber auch schwerere Elemente wie Sauerstoff, Kohlenstoff bis hin zu Eisen - ins All. Dieser sogenannte Sonnenwind baut eine "Heliosphäre" genannte Plasmablase um unser Sonnensystem auf. Bei anderen Sternen spricht man von einer "Astrosphäre".
Am stellaren Wind lässt sich der langsame Masseverlust der Himmelskörper ablesen. Dies bei weiter entfernten Sternen, die der Sonne ähnlich sind - sogenannten Hauptreihensternen - direkt zu beobachten, war bisher nicht einigermaßen präzise möglich, heißt es am Freitag in einer Aussendung der Uni Wien.
Jahrzehntelange Bemühungen
"Seit drei Jahrzehnten bemühten sich weltweit viele Gruppen, Winde um sonnenähnliche Sterne nachzuweisen und ihre Stärke zu messen, doch bisher gab es nur indirekte Hinweise auf die Existenz solcher Winde, die auf ihren sekundären Effekten auf den Stern oder seine Umgebung beruhten", so der an der Publikation beteiligte Leiter der Forschungsgruppe "Stern- und Planetenentstehung", Manuel Güdel. Der Schlüssel dazu, dass dies nun möglich war, liegt in der Analyse von Daten zur Röntgenstrahlung, die die Ionen im stellaren Wind aussenden. Die Wiener Gruppe stützte sich hier auf Aufzeichnungen des Weltraumteleskop XMM-Newton.
Die Herausforderung bestand u.a. darin, die Röntgenemissionen des Sonnenwindes von den prominenteren Emissionen der einzelnen Sterne selbst auseinanderzuhalten. Der Schlüssel lag in den "Fingerabdrücken" im Frequenzspektrum, die die Sauerstoff-Ionen hinterlassen, die sich mit dem Sonnenwind vom Zentralgestirn wegbewegen. "Wir haben einen neuen Algorithmus entwickelt, der die Röntgen-Emissionen des Sterns von denen der Astrosphäre trennt", erklärte Kislyakova. "Unsere neuen röntgenbasierten Ergebnisse ebnen nun den Weg, diese Winde direkt zu finden und sogar abzubilden und ihre Wechselwirkungen mit den umliegenden Planeten zu untersuchen", so Güdel.
Die neuen Berechnungen legen im Fall des Sterns "70 Ophiuchi" nahe, dass er im Vergleich zu unserer Sonne die rund 66-fache Masse verliert, was einem dementsprechend stärkeren "70 Ophiuchi"-Wind entspricht. Deutlich weniger emissionsfreudig, aber immer noch deutlich aktiver als unser Zentralgestirn zeigten sich "epsilon Eridani" mit den rund 16- und "61 Cygni" mit den knapp zehnfachen Werten. Die höheren Windstärken erklären sich die Wissenschafter mit der stärkeren magnetischen Aktivität der drei untersuchten Sterne.
Service: https://dx.doi.org/10.1038/s41550-024-02222-x