Bei AstraZeneca werden deutlich mehr Nebenwirkungen gemeldet
Der Impfstoff von AstraZeneca zeigt eine deutlich höhere Melderate an Nebenwirkungen als die Impfstoffe von BioNTech/Pfizer oder Moderna, berichtete das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) in seinem wöchentlich veröffentlichten Nebenwirkungs-Bericht. Neben Reaktionen an der Einstichstelle zählen Kopfschmerzen oder Müdigkeit (je ca. 53 Prozent), Muskelschmerzen oder Unwohlsein (44 Prozent) und Fiebrigkeit (33 Prozent) zu den häufigsten Reaktionen.
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Neu: Nationales Impfgremium berät erneut
Zudem wurden Gelenkschmerzen (26 Prozent), Schüttelfrost (32 Prozent) und Fieber über 38 Grad (8 Prozent) gemeldet. All diese Nebenwirkungen wurden auch in den klinischen Studien zu den am häufigsten gemeldeten Impfreaktionen gemeldet. Die Mehrheit war laut BASG in der Intensität mild bis moderat und verschwand binnen weniger Tage. In dem Bericht wurden die Daten im Zeitraum 27. Dezember 2020 bis 26. März 2021 zusammengefasst.
Mediale Berichterstattung erhöht Sensibilität
In den klinischen Studien des Impfstoffs von AstraZeneca zeigte sich darüber hinaus, dass berichtete Nebenwirkungen und Impfreaktionen nach der ersten Dosis stärker und häufiger waren als nach der zweiten Dosis. Bisher wurde dieser Impfstoff hauptsächlich jüngeren Menschen verabreicht, bei denen laut Studien in der Regel stärkere Impfreaktionen auftreten. Das BASG betonte, dass "die mediale Berichterstattung der vergangenen Tage und Wochen über diesen Impfstoff die Sensibilität für die Meldung von vermuteten Nebenwirkungen und Impfreaktionen erhöht hat".
Bisher wurden dem BASG 55 Todesfälle in zeitlicher Nähe zu einer Impfung gegen Covid-19 gemeldet - 52 nach einer BioNTech/Pfizer-Impfung, zwei nach Moderna und einer nach AstraZeneca. Bei vier Patienten konnte aufgrund des Obduktionsberichts ein Zusammenhang mit der Impfung ausgeschlossen werden. Bei 16 Personen fiel die Impfung in die Inkubationszeit einer Covid-19-Erkrankung, im Rahmen derer die Patienten verstarben. Bei 23 weiteren bestanden schwerwiegende Vorerkrankungen, die vermutlich todesursächlich waren. Zwölf weitere Fälle - zehn Fälle bei BioNTech/Pfizer, einer bei Moderna und einer bei AstraZeneca - sind noch in Abklärung bzw. konnten hier keine weiteren Informationen eingeholt werden. Bis dato gibt es keine gesicherten Hinweise auf einen Zusammenhang mit der Impfung, die Untersuchungen laufen weiter.
Da speziell am Beginn der Impfaktion hauptsächlich hochbetagte Personen geimpft werden, ist damit zu rechnen, dass in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung auch natürlich bedingte, d.h. nicht impf-bedingte gesundheitliche Ereignisse erwartungsgemäß auftreten, betonte das BASG. Beim Todesfall in zeitlicher Nähe zu einer Impfung mit dem Impfstoff von AstraZeneca - jener 49-jährigen Patientin, die in Folge schwerer Gerinnungsstörungen gestorben ist - ist die Abklärung, ob es einen kausalen Zusammenhang mit der Impfung gibt, noch im Gange. Derzeit laufen alle notwendigen Untersuchungen unter Einbindung der jeweiligen Experten auf Hochtouren, um einen möglichen Zusammenhang vollständig ausschließen zu können.
Sehr geringes Risiko für Sinusvenenthrombose
Bei Frauen unter 55 Jahren besteht nach der Impfung gegen Covid-19 ein Signal für ein sehr geringes Risiko (geringer als 1:100.000) für eine seltene Form von Gerinnungsstörungen mit Blutgerinnsel, worauf vor der Impfung hingewiesen werden soll, betonte die Behörde. Hierbei handelt es sich um Blutgerinnsel in den großen Venen im Gehirn, eine sogenannte Sinusvenenthrombose, die vereinzelt auch mit einer Abnahme der Blutplättchen einherging. Dem BASG wurden bis zum 29. März zwei Fälle einer Sinusvenenthrombose in zeitlicher Nähe zu einer Impfung mit dem Impfstoff von AstraZeneca gemeldet. In beiden Fällen war der Verlauf nicht tödlich. Der letzte Bericht des BASG ging zwar nur bis zum Stichtag 26. März, in den vergangenen drei Tagen gab es allerdings eine weitere Meldung diesbezüglich, hieß es auf APA-Anfrage. Bis dato gibt es aber noch keine gesicherten Hinweise auf einen Zusammenhang mit der Impfung.
Bei 50 Patienten wurden die Nebenwirkungen als lebensbedrohend gemeldet (29 BioNTech/Pfizer, 21 AstraZeneca), bei insgesamt 27 Personen konnte der Gesundheitszustand wiederhergestellt werden, 23 weitere sind noch in Abklärung bzw. konnten keine weiteren Informationen eingeholt werden. Bei 184 Patienten war im zeitlichen Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung ein Krankenhausaufenthalt erforderlich oder ein solcher wurde verlängert (89 BioNtech/Pfizer, 12 Moderna, 83 AstraZeneca). 104 Patienten sind bereits wieder genesen. Bei 80 ist die Abklärung noch nicht abgeschlossen bzw. konnten keine weiteren Informationen eingeholt werden.
Nationales Impfgremium berät erneut
Das Nationale Impfgremium (NIG) wird sich am Mittwochabend neuerlich zum Corona-Impfstoff von AstraZeneca beraten. "Heute werden auf europäischer Ebene weitere wissenschaftliche und medizinisch-fachliche Daten erhoben", hieß es in einem kurzen Statement aus dem Büro von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Das NIG werde sich - wie auch schon in den vergangenen Wochen mehrmals - mit aktuellen Entwicklungen zu AstraZeneca befassen.
Die möglichen neuen Daten würden am Abend vom NIG und dem Safety Board des NIG zusammen mit Experten des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) "im nationalen Kontext" evaluiert, erläuterte das Gesundheitsministerium. In Deutschland hatten Bund und Länder am Dienstag beschlossen, den Impfstoff von AstraZeneca nur noch an Personen ab 60 Jahren zu verabreichen. Hintergrund sind Fälle von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen. Die Leiterin des NIG, Ursula Wiedermann-Schmidt, sprach sich am Abend in der "ZiB2" gegen einen Impfstopp in Österreich aus. Es gelte, die Relation zwischen Nutzen und Risiko zu wahren.