Klima-Glossar: Lichtverschmutzung
Auch Licht kann die Umwelt belasten: Nächtliche Beleuchtung hat Einfluss auf die Gesundheit der Menschen, das Verhalten von Tieren und die Entwicklung von Pflanzen. Daraus können unerwünschte Nebenwirkungen und negative Auswirkungen auf Ökosysteme resultieren. Auch der Sternenhimmel wird durch das künstliche Licht immer "ärmer". Studien haben in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Beispielen geliefert, welche Konsequenzen Lichtverschmutzung nach sich ziehen kann.
Demnach zeigen kontrollierte Laborstudien, dass nächtliche Lichtexposition das visuelle System belasten, die zirkadianische Physiologie - vereinfacht gesagt, die innere Uhr - stören, die Melatoninausschüttung unterdrücken und den Schlaf beeinträchtigen kann. Die negativen Auswirkungen von nächtlichem Licht auf Nachtarbeitende sind gut belegt: Das Risiko für Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Bluthochdruck, Fettleibigkeit und Depressionen ist erhöht.
Die Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf alle anderen Menschen sind schwieriger zu fassen, aber auch hier gibt es Hinweise, dass ein höheres Risiko für die genannten Erkrankungen sowie für Schlafstörungen bestehen könnte. Vor allem Außenlicht mit hohem Blaulichtanteil könnte das Krebsrisiko erhöhen. Auch gibt es Erkenntnisse, dass eine Coronainfektion bei Menschen, die nachts arbeiteten, unter Schlafmangel litten oder deren Umwelt nachts stark beleuchtet war, schwerer verliefen; dies zeigt eine Studie, an der u.a. auch die Epidemiologin Eva Schernhammer von der Medizinischen Universität Wien beteiligt war.
Auch die Tierwelt reagiert sensibel, wie unzählige Untersuchungen belegen. Das anthropogene Licht hat Auswirkungen auf die Orientierung, auf den Tag-Nacht-Rhythmus oder den Winterschlaf und in der Folge auf das Paarungsverhalten. Nachtaktive Säugetierarten werden bei nächtlichem Licht passiver, während Vögel früher die Nachtruhe beenden. Meeresschildkröten meiden beleuchtete Strände für die Eiablage, denn das Licht desorientiert die frisch geschlüpften Jungtiere und verringert ihre Überlebenschancen. Auch nachts fliegende Vögel haben Probleme bei der Orientierung, dadurch kollidieren sie häufiger mit Gebäuden oder finden ihre Rastplätze nicht. Fledermäuse meiden Lampen und haben deshalb immer kleinere Jagdgebiete.
Lichtquellen beeinflussen sogar Bäume
Kleinere Fische sammeln sich in der Nähe von Lichtquellen und werden so eine leichte Beute. Glühwürmchen können bei künstlichem Licht nur schwer Partner anlocken, wodurch Populationen schrumpfen, und selbst Bäume werden beeinflusst: Wachsen sie in der Nähe von Straßenlaternen, werfen sie ihre Blätter später im Jahr ab. Besonders gut sichtbar ist der Einfluss des künstlichen Lichts auf Insekten: Lampen in der Dunkelheit werden von ihnen umschwirrt, sie ermüden oder verbrennen, wenn sie der Lichtquelle zu nahe kommen.
Die Summe der Auswirkungen führe zu einem Verlust an biologischer Vielfalt, erwarten Forscher, aber auch Rückkopplungseffekte sind möglich - etwa weil Insekten für die Bestäubung von Nutzpflanzen essenziell sind, kann ihr Rückgang gravierende Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben. Lichtverschmutzung reduziert beispielsweise auch die Aktivität von Regenwürmern: Sie kommen nachts an die Oberfläche, um kleine Samen oder Blätter zu fressen. Bei Licht sie sind weniger aktiv und paaren sich seltener. Wie ein Forscherteam der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien herausgefunden hat, könnte das Verhalten der Regenwürmer sogar Auswirkungen auf das Wachstum von Ragweed (Ambrosia artemisiifolia), einem stark allergieauslösenden Neophyt, haben. Weil die Würmer die Samen tiefer ins dunkle Erdreich tragen, werden die Pflanzen größer und können sich besser verbreiten, so die Annahme.
Auch die Astronomie hat ein Problem mit der Lichtverschmutzung: Laut Forschern am Deutschen Geoforschungszentrum GFZ in Potsdam und der Ruhr-Universität Bochum nehme die Himmelshelligkeit pro Jahr im weltweiten Schnitt um 9,6 Prozent zu. Ein theoretisches Rechenbeispiel veranschaulicht diese Entwicklung: Ein Kind, das an einem Ort auf die Welt kommt, an dem bei seiner Geburt 250 Sterne sichtbar sind, wird dort an seinem 18. Geburtstag nur noch 100 Sterne sehen können.
Anpassungen der Beleuchtung könnten die Auswirkungen abmildern: Neben einer generellen Reduktion der Beleuchtungsintensität und -dauer sind auch Abschirmungen, die verhindern, dass Licht in unerwünschte Richtungen abgestrahlt wird, Zeitschaltuhren und Bewegungssensoren sowie die Umstellung auf warmweißes Licht mit geringerem Blaulichtanteil hilfreich.