Experten: Forschung an FH als Innovationstreiber der Region stärken
Praxisnähe bei Forschung und Ausbildung ist ein viel zitiertes Charakteristikum der Fachhochschulen (FH) - oder auch der Hochschulen für angewandte Wissenschaften, kurz HAW, wie sich die Einrichtungen laut dem neuen Hochschulpaket der Regierung nun auch nennen dürfen. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion beim "Forschungsforum der österreichischen Fachhochschulen 2024" am Donnerstag in Krems (NÖ) unterstrichen die Expertinnen und Experten die Rolle der FH als Innovationstreiber der Regionen.
Beispiel Bayern
Die deutschen Bundesländer Bayern wie auch Baden-Württemberg gelten als besonders dynamische Regionen mit Blick auf Forschung an HAW. Beispielgebend für den Erfolg ist etwa die Technische Hochschule Ingolstadt (THI), die ein Forschungsvolumen von rund 32 Mio. Euro pro Jahr vorweisen kann, mit 800 Mitarbeitern. "Ich bin überzeugt davon, dass wir den wirtschaftlichen Wohlstand und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unseren Regionen nur über Innovationen und die Hochschulen für angewandte Wissenschaften, ihre Zusammenarbeit in der Region wie auch mit den Unternehmen halten können", sagte THI-Präsident Walter Schober, der auch dem Verbund Hochschule Bayern mit 19 Mitgliedern vorsteht, bei der von der Fachhochschulkonferenz (FHK) gemeinsam mit dem Austragungspartner IMC Krems veranstalteten Konferenz.
Auch die bayerische Regierung habe dies erkannt und die "High Tech Agenda" mit einem starken Anwendungsbezug aufgesetzt. Sie sei mit über fünf Milliarden Euro ausgestattet worden, worüber auch etwa 1.200 Stellen als grundfinanzierte Forschungsstellen geschaffen werden konnten, "die im Wesentlichen an die HAW gegangen sind". Mit Geld lasse sich eben auch Tore schießen. "Wir müssen letztendlich an übermorgen denken, und neben dem, dass hier die finanziellen Rahmenbedingungen stimmen müssen, müssen auch die Spielregeln stimmen", so Schober, der damit auf Hochschulgesetze anspielte. Auch hier müsse - wie in Bayern erfolgt - der Anwendungsauftrag der Hochschulen in der Forschung klar definiert sein.
FH als Nahversorger
Die Innovationskraft der Nachbarregionen konnte auch eine von Ulrike Prommer, Präsidentin der Fachhochschulkonferenz (FHK) und IMC Krems-Geschäftsführerin, zitierte Studie bescheinigen: Im weltweiten Innovationsranking "Transatlantic Subnational Innovation Competitiveness Index 2.0" nahm Baden-Württemberg Platz 3 ein, Bayern Platz 7, Hessen Platz 9, aber etwa Niederösterreich als bestes Bundesland Österreichs Platz 14, gefolgt von der Steiermark auf Platz 16. Österreich sei schon auf dem richtigen Weg, so Prommer. Es gehe "um Rahmenbedingungen, um die Kooperation mit der Wirtschaft, um kleine und mittelständische Betriebe, um Geschwindigkeit und ja, es geht natürlich auch ums Geld".
Für Christian Moser, Vizepräsident der Wirtschaftskammer NÖ, sind die Fachhochschulen mit ihrer Forschung "so, wie wir es wahrnehmen, ganz generell super aufgestellt". Der richtige Weg sei, "in die gesellschaftlichen Herausforderungen stark hineinzugehen" und praktische Lösungsansätze in und für die Regionen sowie ihre Dienstleistungssektoren und kleine und Mittelbetriebe (KMU) zu entwickeln. "Wir wünschen uns, dass die FH so wie ein wissenschaftlicher Nahversorger für die Regionen werden könnten", so Moser, selbst als Logistikunternehmer tätig. Die regionale Vernetzung sei zentral. Gleichzeitig wünschte sich Moser, dass die FH auch für KMU ein niederschwelliger Ansprechpartner sind und bleiben, ob in puncto Workshops oder bei der Vernetzung mit Studierenden - hier sollten "Barrieren möglichst klein gehalten werden".
"Sollten uns an den Besten orientieren"
Die Entwicklung der Wissenschaft und des Fachhochschulsektor in NÖ, etwa auch am Standort Krems, bezeichnete Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) als sehr erfreulich, "aber ich glaube auch, wir sollten uns immer an den Besten orientieren". In Bayern habe man explizit den Auftrag, durch Wissenschaft und Forschung auch für die Regionalentwicklung zu sorgen: "Das halte ich für einen wirklich guten Ansatz. Ich glaube, da sollten wir uns auch weiter hinbewegen", so Pernkopf. Eine regionale starke Vernetzung sei auch angesichts der "weltweiten Verwerfungen" von großer Bedeutung, denn "die regionale Wirtschaft wird immer funktionieren".
Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) referenzierte ebenfalls auf Bayern, um zu zeigen, dass sich auch in Österreich einiges bewegt: "Österreich ist ein föderales Land, das von der Größe her mit Bayern vergleichbar ist. Wenn Bayern etwas finanziert, dann tut es das als Land, aber das ist vergleichbar mit Österreich als Staat." Sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene würden hierzulande Forschungsinvestitionen getätigt, hier passiere einiges. Aber eine künftige Bundesregierung habe sicherlich auch zur Aufgabe, sich im Bereich der Hochtechnologien etwas zu überlegen und hier Schwerpunkte zu setzen.
Internationalisierung, Promotionsrecht
Neben dem Blick auf regionale Entwicklungen sei aber auch die Internationalisierung von großer Bedeutung, waren sich die Podiumsgäste einig, schon alleine vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und dem Fachkräftemangel. "Wir brauchen diese Fachkräfte auf einer wissenschaftlichen Ebene auch für die Unternehmen vor Ort und deswegen müssen wir auch schauen, wie wir stärker internationalisieren und die klugen Köpfe aus dem Ausland bei uns halten bzw. reinbringen", sagte Schober, der auch dem europäischen HAW-Netzwerk "UAS4Europe" vorsteht.
Dabei würden etwa auch die in Deutschland an HAW geschaffenen Forschungsprofessuren (mit reduzierter Lehrverpflichtung) helfen, so Schober. Beides sei notwendig, meinte Prommer, die regionale Verankerung und die internationale Vernetzung. Hier brauche es die Initiativen wie UAS4Europe oder auch die European Universities Initiative sowie jene im Bereich der Forschung.
In den vergangenen Jahren haben die FH immer wieder ein Promotionsrecht für ihren Sektor gefordert. Dem Wunsch wurde auch in der jüngsten Novelle des Fachhochschulgesetzes nicht nachgekommen. Es bleibt daher eine zentraler Diskussionspunkt. "Das sei und bleibe ein schrittweiser Prozess", sagte Polaschek bei der Diskussion, der aber eine gewisse Offenheit signalisierte, in diese Richtung weiterzudenken. Der Minister verwies auf offene Punkte, darunter die unterschiedlichen Zulassungsregelungen an FH auf der einen und Universitäten auf der anderen Seite sowie die Finanzierung der zusätzlichen Forschung und Infrastruktur, die darüber entstehe.
Dass die FH auch für qualitativ hochwertige Forschung stehen, habe man schon beweisen können, so Prommer. Zudem gebe es gute Beispiele in Europa, "wo das Promotionsrecht an FH bereits umgesetzt wird". Man freue sich auf die weiterführenden Diskussionen und den gemeinsamen Austausch, sagte die FHK-Präsidentin.
Service: https://www.forschungsforum2024.at/
Hinweis: Diese Meldung entstand im Rahmen der Partnerschaft mit der Fachhochschulkonferenz (FHK).