Roadmap für nachhaltigen Bergbau - Montanuni legt 370 Lösungen vor
Um Wind-, Solar- und geothermale Energie und Energiespeichertechnologien voranzutreiben, werden Milliarden Tonnen an Mineralien und Metallen benötigt. Das ist erfreulich für den Bergbau, stellt aber zugleich ein Problem dar, weil auch dieser umweltfreundlicher werden muss. Die Montanuniversität Leoben hat als Koordinator eines großen EU-Projektes 370 Good Practice-Beispiele für Nachhaltigkeit in der mineralgewinnenden Industrie Europas gesammelt und vorgelegt.
Der Bedarf an mineralischen Rohstoffen wie Graphit, Lithium , und Kobalt könnte laut Prognosen der World Bank Group um ein Vielfaches wachsen. Zugleich sieht der Grüne Deal der EU bis 2030 eine Senkung der Netto-Treibhausgas-Emissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 vor. Und das gilt auch für den Bereich des Bergbaus. "Das stellt den Bergbau vor große Herausforderungen", denn auch dieser müsse aufgrund seiner bisherigen ökologischen Auswirkungen "signifikant anders" gestaltet werden, beschrieb Michael Tost, Leiter des Lehrstuhls für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft an der Montanuniversität Leoben, die Situation.
Unter seiner Leitung wurde im EU-finanzierten Projekt SUMEX (Sustainable Management in Extractive Industries) mit Vertretern aus allen Interessensgruppen ein umfassender Rahmen für die europäische Rohstoffindustrie ausgearbeitet. "In SUMEX wurden über 370 'Good Practice-Beispiele' für Nachhaltigkeit in der mineralgewinnenden Industrie Europas in einer öffentlich zugänglichen Datenbank gesammelt. Dabei handelt es sich um Technologie-Innovationen, welche den Einfluss eines Bergbaubetriebes verringern. Die für die Ausführungen dieser Projekte notwendigen gesetzlichen Regulierungen wurden ebenfalls bewertet - etwa die Einhaltung bestehender Gesetze, ein verantwortungsvoller Umgang mit Rohstoffen und ein nachhaltiges Management", so der Koordinator.
Multinational und -dimensional
Die Datenbank ist frei zugänglich. Zielgruppe sind vor allem Behörden, Wissenschafterinnen und Wissenschafter, Bergbauunternehmen und NGO. "Ökologische Nachhaltigkeit", "Soziale- und gesellschaftliche Verantwortung" sowie "Transformation der Wirtschaft" standen im Fokus der gemeinsamen Überlegungen für einen nachhaltigeren Bergbau.
Die ökologische Nachhaltigkeit zielt darauf ab, die Materialien effizienter zu nutzen und Recyclingmethoden zu verbessern. Tost gab ein Beispiel: Die meisten Metalle könnten heute zwischen 40 und 75 Prozent über Recycling wiedergewonnen werden. Die Bedarfe werden in Zukunft aber nicht gleichbleiben, sondern wesentlich höher werden. Man gehe von 30 Prozent mehr Aluminium, als in Europa bereits abgebaut wird, aus, um mehr als ein Drittel mehr Kupfer, 45 Prozent mehr Siliziummetall, 100 Prozent mehr Nickel und einen um mehr als das Dreifache steigenden Bedarf an Kobalt. Um hier Versorgungsengpässe zu verhindern, müssten daher Gestaltungsstrategien, die darauf abzielen, Produkte möglichst lange zu nutzen und zu recyceln (Circular-Design), früh mitgedacht werden, so Tost.
Beispielhafte digitale Gebirgsanker
Die soziale Verantwortung betont die Einbindung der lokalen Bevölkerung und Interessenshaltern wie auch das Wohlergehen und Gesundheit der Arbeitnehmer. Ein Beispiel sei das EU-Projekt IlluMINEation, das die digitale Überwachung der Gebirgsstabilität im Blick hat. Um die Stabilität von Bergwerken zu gewährleisten, wurden unterschiedliche Stützmittel angebracht - eines davon waren "Gebirgsanker", die mit GPS und Sensoren auf Basis einer neuen leitenden Tinte ausgestattet sind. Die gemessenen geotechnischen Spannungsdaten werden analysiert und mittels KI verarbeitet und an die Ingenieure übermittelt, die damit die Stabilität und Sicherheit des Bergwerks kontinuierlich überwachen können. Der Abbauort kann evakuiert werden, noch bevor etwas passiert, wie Tost erklärte. Das Tool soll bei der Dimensionierung des Bergbaus und der Planung der ressourcenschonendsten Abbaumethode helfen.
Tost sprach auch die Transformation der Wirtschaft an: Hier sei es wichtig, dass der Materialinput unabhängiger von Rohstoffimporten wird und vermehrt aus sekundären Quellen stammt. Verschiedene Kreisläufe wie gemeinsame Nutzung, Verlängerung, Wiederaufbereitung und Recycling würden an Bedeutung gewinnen, denn "die Kreislaufwirtschaft wird den Rohstoffsektor weit über das Recycling hinaus beeinflussen". Unternehmen seien angehalten, entsprechende Lebenszyklusüberlegungen anzustellen und müssen für die Umweltwirkungen ihrer Produkte Verantwortung übernehmen. Tost zeigte sich zuversichtlich: "Es ist bereits zu beobachten, dass die großen Bergbauunternehmen die Wichtigkeit der Transformation erkannt haben".
Service: https://repository.sumexproject.eu