TU Graz geht den Emissionen von Zweirädern an den Kragen
Im Automobilbereich wird der Schadstoffausstoß nicht nur auf Prüfständen sondern im realitätsnahen Betrieb ermittelt. Was für Autos gesetzlich vorgeschrieben ist, fehlt im Bereich der Motorräder, Mopeds und Quads jedoch noch. Forschende der TU Graz haben gemeinsam mit europäischen Partnern Methoden und Technologien entwickelt, um Grenzwertüberschreitungen und Fahrzeugmanipulationen in diesen Bereichen festzustellen, wie die TU Graz am Donnerstag mitteilte.
Der 2015 bekannt gewordene Abgasskandal in der Automobilindustrie hat gezeigt, dass es realitätsnahe Tests für Fahrzeuge benötigt, um ihren Lärm- und Schadstoffausstoß korrekt zu ermitteln, statt nur auf Prüfständen zu testen. Für Autos sind die dafür gültigen Emissionsgrenzwerte mittlerweile gesetzlich vorgeschrieben, bei sogenannten L-Fahrzeugen (Mopeds, Motorräder, Dreiräder und Quads) allerdings noch nicht.
Tests für Pkw nicht einfach auf Krafträder übertragbar
Die in den vergangenen Jahren für Pkw entwickelten Messmethoden sind für die wesentlich dynamischeren Fahrzeuge der L-Kategorie nicht einfach übertragbar, erklärte Stephan Schmidt vom Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme der TU Graz das bisherige Manko. "Daher mussten wir eigene Messmethoden entwickeln, wozu auch die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von passenden Messgeräten gehörte, die klein und leicht genug sind, um auf Motorrädern und Mopeds einsetzbar zu sein", wie der Grazer Experte weiter ausführte. Umgesetzt wurde das Vorhaben im Rahmen des EU-geförderten Projekts "Lens", in dem die TU Graz als Teil eines internationalen Konsortiums eingebunden war.
Im Rahmen des Projekts wurden insgesamt 150 Fahrzeuge auf der Straße und im Labor vermessen, um Daten zu sammeln - 40 davon an der TU Graz, wo neben dem Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme auch das Institut für elektrische Messtechnik und Sensorik eingebunden war. Insgesamt waren in dem Projekt, das noch bis Mitte des Jahres läuft, mehr als ein Dutzend Forschungseinrichtungen, Hersteller von Zweirädern sowie Messtechnik-Produzenten beteiligt.
Miniaturisierung und Vielfalt der Motorenkonzepte herausfordernd
Vor allem die Miniaturisierung der Messtechnik war eine Herausforderung, denn während ein Equipment mit mehr als 60 Kilogramm in einem Auto kaum eine Rolle spielt, macht das auf einem Motorrad und noch mehr bei Mopeds einen riesigen Unterschied - sowohl beim Schadstoffausstoß als auch bei den Fahreigenschaften. Zudem erforderte die große Bandbreite an Antriebssystemen, -leistungen, Bauraumverhältnissen und Fahrzeugmassen eine jeweils an die Unterklassen angepasste Messmethodik. Entscheidend für die Berechnung der Emissionen der Fahrzeug-Unterklassen ist die genaue Messung des Abgasmassenstroms. Bei kleinvolumigen Einzylindermotoren ist die Massenstrommessung mit herkömmlichen Methoden jedoch schwierig. Dazu wurde an der TU Graz eine modellbasierte Methode zur Massenstromberechnung entwickelt und eingesetzt.
"Die vielen Motorenkonzepte und Leistungsklassen im Bereich der L-Fahrzeuge sind eine Herausforderung, um standardisierte Testmethoden zu finden, die realitätsnah die Emissionen von Lärm und Abgasen messen", berichtete Schmidt weiter. Im Projekt sei das gelungen und die technische Grundlage dafür geschaffen worden, dass Hersteller, Gesetzgeber und Exekutive Fahrzeuge in Zukunft auf Basis von realistischen Werten beurteilen können. "Das wird dazu beitragen, dass der Schadstoffausstoß der L-Fahrzeugflotte stark zurückgeht", zeigte sich der Grazer Experte zuversichtlich.
Service - https://www.tugraz.at