"Mit transatlantischem Talentetransfer in die Forschungs-Champions League"
Seit vielen Jahrzehnten sind die USA mehr oder weniger unangefochten Forschungs- und Innovationsweltmeister. Die großen technischen Durchbrüche, welche die Welt in dieser Zeit geprägt haben, stammen von hier: vom Laser bis zum Internet, von Apple bis zu Google und Tesla. Gründe dafür gibt es mehrere: ein Klima des Optimismus, der Risikobereitschaft und der Flexibilität, aber auch die traditionell große Bedeutung des militärisch-industriellen Komplexes.
Daraus ist zwischen Atlantik und Pazifik die weltbeste Forschungs- und Innovationsinfrastruktur entstanden: Top-Universitäten mit großen Handlungsspielräumen, um die besten Talente zu rekrutieren; National Labs, welche an den Herausforderungen der Zukunft arbeiten; Entrepreneurs, die das generierte Wissen in neue Produkte und Dienstleistungen umwandeln und bestehende Geschäftsfelder revolutionieren.
Wer im Fußball etwas von sich hält will in Europa in der Champions League spielen, von den besten Trainern gecoached werden und sich mit den besten Spielern im Team wiederfinden. Das ist in der Forschung nicht viel anders, allerdings spielt sich das in den USA ab. Harvard, MIT, Princeton, Stanford oder CalTech üben diese Anziehungskraft aus, welche die Besten aus der ganzen Welt nach Amerika ziehen. Im US-System dribbeln sie sich dann zum Nobelpreis.
Zwischen 1901 und 2013 gingen von 1.046 Nobelpreisen 347 an die USA - 324 davon nach 1945, was die wissenschaftliche Vormachtstellung der USA nach dem 2. Weltkrieg unterstreicht. Darunter waren auch die Preise an die in Österreich geborenen Walter Kohn (1998), Eric Kandel (2000) und Martin Karplus (2013). Österreich liegt in diesem Ranking auf Platz 9, allerdings wurde die Mehrheit der Nobelpreise an ÖsterreicherInnen vor 1938 verliehen.
Zwar ist in den USA nicht alles Gold was glänzt. Der Anfang für JungforscherInnen kann schwierig sein, die Bezahlung schlecht, das Arbeitsverhältnis prekär, der Urlaubsanspruch klein, die soziale Absicherung verbesserungswürdig, das Büro ohne Fenster. Wer allerdings einmal amerikanische "Forschungsluft" geschnuppert hat, lernt auch die Vorzüge kennen: flache Hierarchien, eigene Ressourcen und Verantwortung für die eigene Forschung, ein meritokratisches System welches Leistung belohnt, das Gewicht des Arguments zählt mehr als die berufliche Stellung, man hat die Weltbesten seines Faches um sich, etc.
Die Stärke und Ressourcen der USA in Forschung und Innovation haben dazu geführt, dass zahlreiche aus Österreich stammende ForscherInnen zwischen Ost- und Westküste ihre Zelte aufgeschlagen haben. Oft mit dem Gedanken gekommen, nur für ein paar Monate oder wenige Jahre zu bleiben, sind viele länger geblieben und haben äußerst erfolgreiche Karrieren gestartet.
Das ist aus österreichischer Sicht aus mehreren Gründen positiv. Erstens, weil es zeigt, dass in Österreich eine äußerst solide Ausbildung geboten wird, welche es den AbsolventInnen ermöglicht, sich problemlos in den besten Forschungseinrichtungen zu etablieren.
Zweitens, weil Österreich von diesen Kontakten profitiert. Es handelt sich um ausgezeichnete Botschafter für den Forschungs- und Innovationsstandort Österreich in Nordamerika. Ihnen ist die Intensivierung der Kooperation und des Austausches mit Österreich in der Regel ein großes Anliegen. Sie stellen sich als Andockstelle für österreichische Universitäten, FHs, Forschungseinrichtungen und Unternehmen zur Verfügung und dienen als Wegweiser im US-Innovationssystem.
Drittens, weil zahlreiche ÖsterreicherInnen - aus durchaus unterschiedlichen Gründen - zurückkehren und ihr Wissen, das Netzwerk und den "Spirit" mit nach Österreich bringen, und so von innen das System weiter verbessern.
Für Österreich geht es nicht darum, alle ÖsterreicherInnen von Nordamerika zurückzuholen, sondern Bedingungen zu schaffen, welche es für die besten Köpfe - egal woher - attraktiv machen, einen Teil ihre Karriere in Österreich zu verbringen. Forschungsinstitutionen wie jene am Vienna Biocenter oder das IST Austria zeigen, dass das möglich ist und die Richtung stimmt. Dieser Prozess sollte weiter gestärkt werden.
Die großen Herausforderungen der Zukunft können nur gemeinsam gelöst werden. Forschung ist international, Mobilität zentraler Bestandteil einer Wissenschaftskarriere und wichtiger als jemals zuvor. In Österreich sollten daher möglichst viele Studierende und ForscherInnen Mobilitätsprogramme nutzen, Auslandserfahrung sammeln und ein Netzwerk internationaler Kontakte aufbauen.
Selbst in den USA findet ein Umdenken statt. Wo bislang vor allem "incoming mobility" stattgefunden hat, wird auch den Amerikanern klar, dass dieser Ansatz alleine nicht mehr ausreicht. Stagnierende Budgets und die wachsende Attraktivität anderer Erdteile im F&E-Bereich - insbesondere Asiens, aber auch Europas - führen dazu, dass die USA nicht mehr in allen Bereichen alleine die Weltspitze anführen und auf Kooperationen angewiesen sind.
Österreich sollte die sich daraus ergebenden Chancen noch aktiver nutzen. In der Forschung sind wir jedenfalls schon näher dran an der Champions League als viele glauben.