"Mehr Auswahl im Kopf"
Europäische Bildungsprogramme haben dazu beigetragen, die Österreicher/innen mobiler zu machen. Wer schon während des Studiums Erfahrungen im Ausland sammeln konnte, wagt später eher den Schritt in eine internationale Karriere. Die täglichen Hürden in ungewohnter Umgebung hat er schon einmal gemeistert.
"Liegt mein Arbeitsplatz innerhalb des (Wiener) Gürtels?" Mit dieser Frage müssen sich Headhunter heute nicht mehr herumschlagen. Mittlerweile hat jede/r fünfte österreichische Student/in einen Auslandsaufenthalt absolviert. Die Österreicher/innen sind mobiler geworden. Jährlich gehen rund 900 Studierende mit Unterstützung nationaler Förderprogramme und mehr als 5.000 über das EU-Programm Erasmus+ ins Ausland, weitere 1.100 machen ein Praktikum mit Erasmus+. Zum Vergleich: Vor 20 Jahren waren es lediglich 2.300 Erasmus-Studierende. Gestartet hatte Österreich drei Jahre vor dem EU-Beitritt mit knapp 900 "Pionieren". Im Durchschnitt dauern die Studienaufenthalte mit Erasmus heute sechs Monate. Wir halten hier gut im EU-Schnitt, der bei 6,2 Monaten liegt. Die Mobilität unserer österreichischen Studierenden war der EU im Vorjahr 11,7 Mio. Euro wert, hinzu kommen nationale Mittel. Die Budgets für Erasmus+ werden dank der engagierten Arbeit der Nationalagentur in der OeAD-GmbH, die das Programm in Österreich abwickelt, zu 100 Prozent ausgeschöpft.
Seit der Studie der Europäischen Kommission zur Wirkung von Erasmus vom September 2014 wissen wir auch, dass die Arbeitslosenquote ehemaliger Erasmus-Studierender gegenüber jenen, die ausschließlich in Österreich die Hörsaalbank drückten, geringer ausfällt. Die internationale Erfahrung einerseits und soziale Kompetenzen wie Selbstvertrauen, Lösungsorientierung und Toleranz andererseits werden laut dieser Umfrage von Arbeitgebern besonders nachgefragt. Erasmus-Studierende haben durch ihre Auslandsaufenthalte im Bewerbungsverfahren eindeutig die Nase vorn. Die Arbeitgeber übertragen diesen Kandidat/innen auch eine höhere berufliche Verantwortung, sprich sie nehmen vergleichsweise schneller in der Führungsebene Platz. Ein Drittel der Erasmus-Praktikant/innen erhält das Jobangebot gleich direkt vom Unternehmen, in dem sie ihr Praktikum absolvierten.
Auslandsaufenthalte gelten zu Recht als Jobmotoren. Ohne die europäischen Programme hätten deutlich weniger Studierende die Chance, eine Zeit lang im Ausland zu studieren. Dass sie ihre individuellen Stipendienansprüche weiterbezahlt bekommen und Studiengebühren im Ausland erlassen werden, sind nur zwei Beispiele dafür, dass institutionelle Zugänge individuelle Wege ebnen helfen. Freilich kann die Anerkennung von Leistungen, die im Ausland erworben wurden, nach gut 15 Jahren Bologna-Prozess im Einzelfall immer noch fordern. Wer im Ausland studiert, muss mit 60 ETCS-Punkten pro Studienjahr nachweisen, was er geleistet hat. Wir gehen demnach mit den Mitteln verantwortungsvoll um, was im Sinne aller EU-Bürger/innen sein muss.
Wer im Ausland studiert und gelebt hat, kennt nicht nur die Spielregeln in einem anderen Land. Er hat längst realisiert, dass der Arbeitsmarkt nicht durch Bodensee und Neusiedlersee begrenzt ist. Dank des Internets findet er in vielen Fällen auch ohne Arbeitsmarktservice einen Job. Allein die Datenbank der Plattform Euraxess enthielt im Vorjahr 48.000 Jobs an Hochschulen, Forschungseinrichtungen und in der Industrie. 1,3 Mio. offene Stellen sind zurzeit auf der Plattform Eures gelistet. Aber abgesehen vom eigenen Job stellen sich viele weitere Fragen, bei denen die Euraxess-Plattform ebenfalls Hilfestellung leistet: Wo soll meine Frau/mein Mann arbeiten? Wo finden wir einen Kindergarten/eine Schule für unsere Kinder? Wo kann ich mich versichern? Wo melde ich das Auto an und wie kann ich den Führerschein beglaubigen? Es sind die alltäglichen Dinge, die einen selbstsicherer, flexibler und letztendlich fit für einen Job in Europa machen. Diese Fragen schon einmal bewältigt zu haben, bedeutet einen Vorsprung gegenüber anderen. Dass sich möglichst viele Österreicher/innen diesen Vorsprung sichern, dafür sorgen nicht zuletzt die Bildungsprogramme, die Europa erfolgreich etabliert hat.