Großes Marktpotenzial für Gesundheits-Apps
Gesundheits-Apps stellen weltweit bereits einen riesigen Markt dar. Laut Statista betrug der Umsatz für diese Anwendungen auf mobiler Basis im Jahr 2017 bereits 2,4 Milliarden US-Dollar (2,11 Mrd. Euro). 2025 sollen es 11,2 Milliarden Dollar (9,85 Mrd. Euro) sein. Auch in Österreich hat sich eine Szene für Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) entwickelt.
Ein großer Teil der Produkte entfällt bisher auf den Wellness- und Sportbereich. Digitale Gesundheitsanwendungen sind aber eindeutig die Mehrheit: Es finden sich Reha-Programme verschiedenster Art, zum Beispiel in der Orthopädie. Zu den DiGAs sind aber auch Programme zum Monitoring von Patienten zu rechnen. Zum Beispiel können Herzschwäche-Erkrankte über mobile Anwendungen Gesundheitsparameter einspeichern, die Kontrolle des Gesundheitszustandes erfolgt dann telemedizinisch. Es gibt Apps zum besseren Management von Diabetes oder auch Trainingsprogramme für betagte Sturzgefährdete.
Das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) publizierte im Mai 2021 eine Marktanalyse zu diesem Sektor. Von den zum Erhebungszeitraum 3,4 Millionen Apps im Google Play Store entfielen 4,8 Prozent (163.000) auf den Bereich "Health & Fitness" und "Medical", unter den 1,8 Millionen Apps im Apple Store waren es 6,9 Prozent (121.000).
"In den Kategorien (Health & Fitness, Medical; Anm.) werden auch Medizin-Apps und DiGAs angeboten. Sie machen allerdings gegenüber den Gesundheits-Apps nur einen kleinen Anteil aus. Allein zwischen 2013 und 2018 stieg die Anzahl der weltweiten Downloads von mobilen Gesundheitsanwendungen von 1,7 Milliarden auf 4,1 Milliarden (Statista nach Research2Guidance, 2020). Bereits 2017 nutzten laut einer Umfrage des deutschen IT-Verbandes Bitkom 45 Prozent der Deutschen Gesundheits-Apps", hieß es in dem Report.
Neuer Dachverband in Österreich
Auch in Österreich regt sich die Digi-Health-Szene. Bei den Praevenire Talks auf der Schafalm in Alpbach wurde im Sommer vergangenen Jahres mit den Health Pioneers ein Dachverband für die österreichischen Unternehmen vorgestellt. Lukas Seper, Co-Founder von XUND Solutions und einer der maßgeblichen Proponenten des neuen Spitzenverbandes der im Bereich der digitalen Gesundheitsversorgung tätigen - und zum überwiegenden Teil noch zu den Start-ups gehörenden - Unternehmen stellte die Situation in Alpbach so dar: "In den vergangenen zehn Jahren sind im DACH-Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz; Anm.) mehr als 150 Digital-Health-Start-ups mit Finanzierung durch Risikokapital gegründet worden. Mit einem Finanzierungsvolumen von rund einer Milliarde Euro ist das nach Großbritannien die zweitgrößte Region in Europa. Der Trend ist mit Corona noch weiter gestiegen. Zwei Drittel der Gründungen haben in den vergangenen fünf Jahren stattgefunden."
Die Covid-19-Pandemie dürfte für digitale Gesundheitsanwendungen noch einen zusätzlichen Schub bedeuten. Franz Leisch (ELGA GmbH) erklärte anlässlich der Veranstaltung in Alpbach: "Die Coronakrise hat digitale Gesundheitsanwendungen wirklich allgemeinfähig gemacht. Wir sehen einen eindeutigen Trend. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um in den kommenden fünf Jahren aus Nischen in die breite Bevölkerung zu kommen."
Bisher hauptsächlich "Bitte warten"
Doch bisher hieß es in Österreich auf diesem Gebiet vor allem: "Bitte warten!" Irene Fialka, CEO des IniTS-Gründerservice von Universität Wien, TU Wien und Wirtschaftsagentur Wien, stellte einen für Österreich nicht unbedingt positiv abgelaufenen Problemfall mit einem DiGA-Produkt dar: "2010 ist ein Team zu uns gekommen. Es entwickelte mit mySugr eine digitale App, die Diabetes-Patienten hilft, ihre Therapie besser zu managen. Vor einem Jahr hatten wir ein Interview, und da ist ein Satz gefallen, der wirklich erschreckend ist: 'MySugr ist heute in 80 Ländern der Welt aktiv. In Österreich haben die Gründer aufgegeben'."
Studien in der Psychiatrie
Digitale Gesundheitsanwendungen müssen Evidenz-basiert sein. Mittlerweile gibt es zum Beispiel in der Psychiatrie bereits mehrere Studien, die für einen positiven Effekt solcher Apps in der Versorgung psychisch Kranker sprechen. In der Fachzeitschrift BMC Psychiatry ist im August vergangenen Jahres eine Meta-Analyse chinesischer Autoren von 18 wissenschaftlichen Studien zu Web-basierten Selbstmanagement-Programmen für Menschen mit depressiven Beschwerden erschienen.
In dieser Studie wurden noch einmal die Daten zu 3.055 Probanden ausgewertet. "Web-basiertes Selbstmanagement ist eine vielversprechende Therapie bei Depressionen", schrieben die Autoren zu den Ergebnissen dieser Analyse. Zu einem ganz ähnlichen Ergebnis war ein internationales Autorenteam um Jake Linardon (Deakon Universität/Australien) in einer Meta-Analyse von 66 Placebo-kontrollierten Studien zu Smartphone-Apps bezüglich verschiedener psychischer Probleme in World Psychiatry im Jahr 2019: Depressionen besserten sich um rund 30 Prozent, generalisierte Angststörungen ebenfalls um rund 30 Prozent.
Candice Luo (McMaster University in Hamilton/Kanada) und andere Wissenschafter kamen 2020 in einer weiteren Übersichtsarbeit (EClinical Medicine 24 (2020): 100442) sogar zu dem Ergebnis, dass eine digitale Betreuung von Patienten mit Depressionen sogar wirkungsvoller als eine Face-to-Face-Psychotherapie sein kann.
Margrit Löbner (Medizinische Fakultät der Universität Leipzig) und ihre Co-Autoren testeten den Effekt einer internet-basierten Verhaltenstherapie zum Selbstmanagement von depressiven Zuständen an 647 Patienten aus Hausarztpraxen. Dabei zeigte sich eine Dosis-Wirksamkeits-Beziehung. Je öfter und je länger die Betroffenen in das Programm einstiegen, desto größer war der Effekt, schrieben sie in "Fortschritte in Neurologie und Psychiatrie" im Jahr 2019.
Service: Studie in BMC Psychiatry unter https://doi.org/10.1186/s12888-021-03396-8)