KI sichtet, dichtet, richtet: Hochschulen als Wegweiser der KI-Zukunft
Gastbeitrag --- KI "sichtet" riesige Datenmengen und ermöglicht schnellere und präzisere Recherchen. Sie durchsucht Publikationen, identifiziert relevante Literatur und beschleunigt den Forschungsprozess. Davon profitieren Forschende und Studierende gleichermaßen, denn KI hilft, die wachsende Informationsflut zu bewältigen.
Gleichzeitig "dichtet" KI innovative Szenarien - allerdings nicht ohne Risiken: KI kann so genannte Halluzinationen erzeugen, bei denen falsche Informationen oder fiktive Quellen auftauchen. Ein kritischer Umgang mit den Ergebnissen ist daher unerlässlich, um Fehlinformationen zu erkennen und zu korrigieren.
Bei der Datenanalyse "richtet" KI, indem sie Muster erkennt, Forschungsergebnisse interpretiert und Lernfortschritte vorhersagt. Sie trifft aber auch Entscheidungen, z. B. bei der Vergabe von Krediten oder Stipendien. Doch verzerrte oder unvollständige Daten können dabei zu fehlerhaften Ergebnissen führen. Um solche Verzerrungen zu verhindern, ist eine kontinuierliche und kritische Überprüfung sowohl der Datenbasis als auch der Algorithmen unerlässlich.
Gleichzeitig "vernichtet" KI traditionelle Lehrmethoden, die starr und universell sind. Vorlesungen, die für alle Studierenden gleich gestaltet sind, weichen personalisierten Ansätzen durch KI-gestützte Lernplattformen, die den Lernstoff individuell anpassen und Raum für flexible, interaktive Lehrmethoden schaffen und das Lernen zugänglicher machen.
Um diesen Wandel zu bewältigen, müssen Hochschulen umfassende KI-Kompetenzen entwickeln. Studierende, Forschende und Lehrende benötigen technisches Know-how sowie ein kritisches Bewusstsein für die Grenzen und Risiken von KI. Sie benötigen ethische, rechtliche und reflexive Kompetenzen, um sicherzustellen, dass KI sinnvoll und verantwortungsvoll eingesetzt wird. Sie müssen wissen, wann KI nützlich ist und wo sie zu Fehlern oder Diskriminierung führen kann.
Ohne diese Fähigkeiten laufen Hochschulen Gefahr, den technologischen Wandel zu verschlafen oder KI unreflektiert zu übernehmen. Die FH Oberösterreich bietet gezielte Schulungen zum verantwortungsvollen Umgang mit KI an. Am Campus Hagenberg gibt es ein fakultätsspezifisches GPT-Modell, das auf die Bedürfnisse der Hochschule zugeschnitten ist. Zudem wird MS Copilot angeboten, das von allen Hochschulangehörigen genutzt wird und die Integration des DALL-E-Modells zur Bilderzeugung ermöglicht.
Der verantwortungsvolle Einsatz von KI sichert die Balance zwischen technischem Fortschritt und menschlicher Kontrolle. KI kann wertvolle Unterstützung leisten, aber der Mensch muss die letzte Instanz bleiben.
Eines bleibt klar: "A fool with a tool is still a fool" - Es reicht nicht, nur Werkzeuge zu haben - es braucht kluge Köpfe, die sie verantwortungsvoll einsetzen. KI allein wird die Bildung nicht revolutionieren, aber in den Händen gut ausgebildeter und reflektierter Lehrpersonen kann sie Türen zu neuen Erkenntnissen und Lernmethoden öffnen - ohne die menschliche Intuition und ethische Verantwortung zu verdrängen.
Zur Person:
Martina Gaisch, promovierte Bildungssoziologin und Hochschulforscherin, ist Professorin an der Fakultät für Informatik, Kommunikation und Medien der FH Oberösterreich in Hagenberg. Mit über 20 Jahren Erfahrung in Forschung und Lehre liegen ihre Schwerpunkte in der KI-Ethik, Technikfolgenabschätzung und den Herausforderungen der digitalen Transformation. Ihr Buch "AI Ethics & Human Factors" erscheint im November 2024.
Seit 2022 leitet sie das innovative Bachelorstudium Design of Digital Products, das auf einzigartige Weise Design und Informatik miteinander verbindet und einen besonderen Fokus auf Business, Nachhaltigkeit und Ethik legt. Für ihre wegweisende Arbeit in der Gestaltung dieses Programms und ihr Engagement, mehr Frauen für die Informatik zu begeistern, wurde sie 2023 vom österreichischen Wissenschaftsministerium mit dem renommierten Grete-Rehor-Preis ausgezeichnet.
Service: Dieser Gastbeitrag ist Teil der Rubrik "Nachgefragt" auf APA-Science. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.