APA-Faktencheck: Falsches Körner-Zitat weiterhin verbreitet
Im Internet kursieren zahlreiche falsch zugeschriebene Zitate. Eines mit besonders bedenklichem Hintergrund hält sich seit Jahren hartnäckig (1,2). Dem deutschen Schriftsteller Theodor Körner wird unterstellt, über "feige Gestalten" geredet zu haben, die vom Volk gerichtet werden würden. In Wirklichkeit stammt das Zitat von einer Neonazi-Schriftstellerin, was in Österreich bereits Konsequenzen nach sich gezogen hat.
Einschätzung: Es gibt keinen Hinweis, dass das Zitat Körner zugeschrieben werden kann. Die Grundlage für das Zitat bildet ein Gedicht einer rechtsextremen deutschen Schriftstellerin.
Überprüfung: Folgender Spruch wird seit Jahren in sozialen Medien verbreitet: "Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten, vom Feinde bezahlt und dem Volke zum Spott. Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, dann richtet das Volk und dann gnade Euch Gott!" Diese Worte sollen laut geteilten Beiträgen vom Schriftsteller Körner stammen, nicht zu verwechseln mit dem ehemaligen österreichischen Bundespräsidenten Theodor Körner.
In Österreich hat das Zitat dennoch eine besondere Historie. So postete etwa der damalige FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache im Jahr 2012 das Zitat in abgewandelter Form auf Facebook (3,4). Einem ranghohen Bundesheer-Offizier wurde das Falschzitat im Jahr 2021 zum Verhängnis. Bei einem veröffentlichten Video, in dem er sich gegen die Corona-Maßnahmen aussprach, trug er ein T-Shirt mit dem gedruckten Spruch (5) und wurde daraufhin suspendiert (6).
Rechtsextreme Herkunft in Urteil dokumentiert
In Wirklichkeit stammt der Spruch nämlich aus dem Neonazi-Milieu. Es handelt sich um die erste Zeile der vierten Strophe des Gedichts "Anklage" der Neonazi-Schriftstellerin Renate Schütte. Die rechtsextreme Herkunft wird etwa auch in einem Urteil des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich dokumentiert, das nach der Präsentation des Spruchs auf einem Demo-Plakat wegen der Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut erfolgte (7).
APA-Faktencheck liegen von der Deutschen Presse Agentur (dpa) überlieferte Scans der unter dem Titel "Der Wind schlägt um" gesammelten Lyrik von Schütte vor, in denen auch das betroffene Gedicht enthalten ist. Die dpa recherchierte bereits im Jahr 2020 ausführlich zu dem Text und konnte ihn damals in der Bibliothek des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung aufspüren und verifizieren (8).
Links
(1) Behauptung auf Facebook: https://go.apa.at/x1nh5RgM (archiviert: https://archive.is/pqHlL)
(2) Suche auf Facebook: https://go.apa.at/zJtSecZ7
(3) Dokumentation von Falschzitate-Blog: https://go.apa.at/vWwv7SIg (archiviert: https://perma.cc/TMR9-WQ8G)
(4) Dokumentation von Stopptdierechten.at: https://go.apa.at/Kw1CnBSN (archiviert: https://archive.is/cLeMf)
(5) Bericht vom ORF: https://go.apa.at/tgny8biR (archiviert: https://perma.cc/7BZ9-CG2M)
(6) Bericht von der Presse: https://go.apa.at/9p44dHES (archiviert: https://perma.cc/RW4L-FNHF)
(7) Landesgerichts-Urteil: https://go.apa.at/WWa48aK8 (archiviert: https://perma.cc/QA7W-JCCM)
(8) dpa-Faktencheck: https://go.apa.at/gGbohrdu
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