Neuer Wirkstoff zur Behandlung von akutem Hörsturz
Ein Forschungsteam unter der Leitung der MedUni Wien hat mit AC102 einen neuen Wirkstoff untersucht, der Hoffnung auf eine wirksame Therapie bei akutem Hörsturz gibt. Aktuelle Ergebnisse wurden im Fachjournal "Cell Death & Disease" publiziert. Erste Erkenntnisse aus klinischen Studien könnten einen Durchbruch in der Behandlung von akuten Hörstörungen bedeuten.
Erwiesen wurde die Wirksamkeit von AC102 in einer Studie unter der Leitung von Christoph Arnoldner (Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten der MedUni Wien) und Hans Rommelspacher ( Audio Cure Pharma GmbH, Berlin) an Tiermodellen mit Chochleaimplantaten. Cochleaimplantation stellt die derzeit einzige Therapiemöglichkeit bei fortgeschrittenem Hörverlust dar, um das Hörvermögen teilweise wiederherzustellen. Der Erhalt des Restgehörs ist dabei von entscheidender Bedeutung, da das verbliebene "natürliche" Hörvermögen in Kombination mit der elektrischen Stimulation des Implantats das Sprachverstehen und allgemeine Hörempfinden verbessert. Der chirurgische Eingriff kann jedoch das Innenohr schädigen und zum Verlust des Restgehörs führen. Bislang gibt es keine wirksame Methode, diesen Verlust zu verhindern oder zu behandeln. "In unserer Studie konnten wir nun zeigen, dass sich das Restgehör bei Tieren, denen AC102 einmalig verabreicht wurde, im Gegensatz zu unbehandelten Tieren zunehmend erholte", berichtet Erstautor Michael Nieratschker (Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten der MedUni Wien). Mit Hilfe von Zellkulturen und Innenohrmodellen wurde im Rahmen der Studie auch die Erklärung für diesen Effekt gefunden: AC102 wirkt entzündungshemmend und schützt so die Haarsinneszellen und Hörnerven vor dem Absterben.
Behandlung von Hörsturz in Aussicht Die Ergebnisse der Studie lassen den Schluss zu, dass AC102 auch bei anderen Formen von plötzlichem Hörverlust, insbesondere beim akuten Hörsturz, wirksam sein könnte. "Hörsturz wird meist mit Kortison behandelt, doch neuere Studien zeigen, dass dieser Ansatz oft nicht zum Ziel führt", betont Christoph Arnoldner, Leiter des Christian Doppler Labors für Innenohrforschung an der MedUni Wien. "Da entzündliche Prozesse und Zellschäden wie beim Restgehörverlust in der Chochleaimplantation auch beim akuten Hörsturz eine Rolle spielen, wurde die Verwendung von AC102 auch in diesem Zusammenhang untersucht", erklärt Michael Nieratschker. So konnte die Wirksamkeit der Substanz bereits in einer präklinischen Studie ( https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2314763121) unter Beteiligung der MedUni Wien nachgewiesen werden. Die Phase-I-Studie zur Bestätigung der sicheren Anwendung von AC102 an der MedUni Wien und der Radboud Universität in Nijmegen (Niederlande) wurde ebenfalls bereits erfolgreich abgeschlossen. Die Phase-II-Studie zur Bestätigung der Wirksamkeit an Patient:innen wird in mehreren europäischen Zentren durchgeführt, darunter die Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten der MedUni Wien. "Alle bisherigen Ergebnisse geben Anlass zur Hoffnung, dass AC102 für die Therapie des akuten Hörsturzes geeignet sein könnte", zeigen sich Christoph Arnoldner und Michael Nieratschker optimistisch.
Publikation: Cell Death & Disease A preoperative dose of the pyridoindole AC102 improves the recovery of residual hearing in a gerbil animal model of cochlear implantation. Michael Nieratschker, Erdem Yildiz, Matthias Gerlitz, Sujoy Bera, Anselm J. Gadenstaetter, Anne-Margarethe Kramer, Monika Kwiatkowska, Pavel Mistrik, Lukas D. Landegger, Susanne Braun, Reimar Schlingensiepen, Clemens Honeder, Christoph Arnoldner & Hans Rommelspacher. https://www.nature.com/articles/s41419-024-06854-9
Rückfragehinweis: Mag. Johannes Angerer Medizinische Universität Wien Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Telefon: 01/40160-11501 E-Mail: pr@meduniwien.ac.at Website: https://www.meduniwien.ac.at/pr
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