Unwetter - Warme Meere nähren "kräftiges, langsames, großes Tief"
Die zu erwartenden, teils extremen Niederschläge in den kommenden Tagen sind auf eine spezielle meteorologische Konstellation zurückzuführen: "Es ist ein kräftiges Tiefdruckgebiet das von Oberitalien nach Polen hinauf wandert. Es ist sehr langsam und relativ groß", so der Meteorologe Leopold Haimberger zur APA. Genährt wird es von den heuer drei bis fünf Grad wärmeren Meeren - es zieht nicht nur Feuchtigkeit vom Mittelmeer, sondern auch vom Schwarzen Meer und der Ostsee.
Im Normalfall seien derartige "Italientiefs" deutlich kleinräumiger. "Dieses Tief transportiert eben wirklich Luft vom Schwarzen Meer in einem großen Bogen nach Polen, in die Slowakei und bis zu uns", so der Wissenschafter vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien: "Gleichzeitig aber dringt auch Luft von der Ostsee nach Süden vor." Über Österreich "kommen diese Luftmassen zusammen - wir sagen: sie konvergieren", was die Niederschlagsprognosen bis Montag (16. September) in lichte Höhen schnellen lässt.
Mit fortschreitendem Klimawandel mehren sich die Wetterphänomene
Solche Wetterlagen sind an sich nicht neu, aufgrund des fortschreitenden Klimawandels steigt aber die Wahrscheinlichkeit, dass gleichzeitig außergewöhnlich hohe spätsommerliche Meerestemperaturen vorherrschen. In Kombination mit starken Winden steigt die Verdunstung über den Wasserflächen nochmals zusätzlich an. Insgesamt höhere Lufttemperaturen wiederum ermöglichen den Transport von mehr Feuchtigkeit über weitere Strecken hinweg.
Das Regen- bzw. in höheren Lagen Schnee-Epizentrum bilden der Samstag und Sonntag. In Staugebieten in den Voralpen könnten dann tatsächlich sehr hohe Niederschlagsmengen zusammenkommen. Haimberger: "Ob es jetzt wirklich 300 oder 400 Millimeter (über die kommenden Tage aufsummiert, Anm.) werden, traue ich mich nicht zu sagen."
Ein Faktor, der den Forscher für die nächsten Tage etwas optimistischer stimmt, ist, "dass die kommenden Luftmassen relativ stabil geschichtet sind. Daher ist der Regen wahrscheinlich nicht von Gewittern durchsetzt und fällt relativ gleichmäßig." Kurzfristige Starkregenereignisse, wie eines sich etwa am 17. August in Wien ereignet hat, seien daher eher nicht zu erwarten. Das könnte die großen Niederschläge "vielleicht ein bisschen leichter verkraftbar" machen, so Haimberger.
Aus meteorologischer Sicht ein Stück weit vergleichbar ist die aktuelle Situation mit der Großwetterlage, die im August 2002 zu dem Kamp-Hochwasser in Niederösterreich geführt hat. Auch damals hat sich über Italien ein Tiefdruckgebiet ausgebildet, das große Mengen an Feuchtigkeit nach Norden gebracht hat. Dazu kam auch damals viel Feuchtigkeit aus dem Bereich der Ostsee. Die Hoffnung ist nun, dass man in den Flusseinzugsgebieten mittlerweile insgesamt "besser vorbereitet ist, und dass man dort durch Gewässermanagement die schlimmsten Spitzen wegnehmen kann."