"Wissenschafts-Kommunikation & Spinat-Ration"
Herr und Frau Österreicher - so sagen die Statistiken - haben es nicht so mit Wissenschaft, Forschung und Innovation. Das ist natürlich bedauerlich, denn unsere Zukunft liegt ja dort - und muss auch finanziert werden. Also müssen Wissenschaft und Forschung Herrn und Frau Österreicher schmackhaft gemacht werden. Viele bunte Veranstaltungen ziehen so jahrmarktgleich durch die Lande und zeigen alles, was da dampft, blinkt, rattert und leuchtet. Zum Teil gar Nächte lang.
Ich bitte diese etwas flapsige Beschreibung nicht falsch zu verstehen - diese Art von Veranstaltungen sind wichtig und gut. Sie begeistern jene, die sich für Wissenschaft und Forschung interessieren. Das haben diese auch verdient. Doch jene zu gewinnen, die sich für Wissenschaft, Forschung und Innovation erst gar nicht interessieren - das gelingt so nicht. Für diese Menschen ist es so, als ob jemand, der nun mal keinen Spinat mag, einen besonders großen, schön dekorierten Teller vorgesetzt bekommt. Voll mit - Spinat! Ob Spinat deswegen plötzlich gemocht wird, sei in Frage gestellt.
Zugegeben ist Wissenschaft, Forschung & Innovation kein Spinat - das Prinzip bleibt dennoch das gleiche: Wenn jemand auf etwas keinen Appetit hat, dann konsumiert er es nicht. Basta!
Wie also schafft man es, Erkenntnisgewinn und Neues aus der Wissenschaft an den Mann und an die Frau zu bringen? Einfache Marketing-Prinzipien helfen da ganz gewaltig. Ein Angebot sollte sich zu allererst an der Nachfrage orientieren. Klingt einfach, wird in der Wissenschaftskommunikation aber vernachlässigt. Schon klar, dass bei mangelndem Interesse an Wissenschaft auch keine Nachfrage danach existiert - aber das Problem löst man nicht durch ein stures Erhöhen des Angebots. Etwas mehr "Ohr am Markt" muss einem das Ziel, Menschen für die Wissenschaft zu begeistern schon wert sein. Und diese Menschen sind voller Interessen!
Jeden Tag, jede Woche, jeden Monat gibt es zig Themen, die uns in ihren Bann ziehen und den Atem rauben. Feinstaub und Birkenpollen? Ein Dauer(b)renner im Frühjahr. Staatsverschuldung? Ein regelmäßiger Aufreger, so lange noch Geld da ist. Verkehrsberuhigte Begegnungszonen? Anrainer verkehren auf emotionalem Kollisionskurs. Die Liste der Themen, die interessieren ist endlos- und in all diesen Themen steckt auch Wissenschaft drinnen. Wie entsteht Feinstaub - und was kann die Wissenschaft als Beitrag zur Bekämpfung bieten? Wie funktioniert eine DNA-Allergieimpfung? Was hat die Wirtschaftswissenschaft zu Bankenpleiten zu sagen? Und welche Mobilitätskonzepte schlagen Vordenker für die Metropolen des 21. Jahrhunderts vor?
Dabei interessiert nicht die Wissenschaft per se - aber genau das macht sie für die Technophoben unter uns verdaulich. Interessant sind Wirkmechanismen, Lösungskonzepte und Visionen - genau DAS hat die Wissenschaft zu bieten. Zu zahlreichen Themen und allzeit bereit.
Soweit die bewusst provokante Argumentation. Doch Worte allein sind so leer wie so mancher Forschungsförderungstopf. So sei der Rest der wertvollen Zeit des geneigten Lesers einem erfolgreichen Beispiel der Anwendung dieser Argumentation gewidmet. AM PULS.
AM PULS ist eine Veranstaltungsserie des Wissenschaftsfonds FWF, die gemeinsam mit PR&D realisiert wird. Seit nunmehr sieben Jahren wurden bisher bei über 35 Veranstaltungen mehrere Tausend Bürger für die Grundlagenforschung begeistert. Menschen, die zum großen Teil an Wissenschaft gar nicht interessiert sind - sondern zur Veranstaltung kommen, weil sie sich Sorgen machen, Ärger haben oder Mitgefühl empfinden. Emotionen, die durch aktuelle oder ganz persönliche Betroffenheiten entstehen. Emotionen, die diese Menschen mobilisieren und wissenshungrig machen. Hungrig nach fundierter Information abseits aufgehypter Medienschlachten.
Genau das ist die Sternstunde der Wissenschaft im öffentlichen Bewusstsein. Der Wissenschaftsfonds FWF nutzt diese Momente sehr erfolgreich, um den Wissenshunger mit objektiver Information zu stillen - und um aufzuzeigen, dass dieser Informationsbeitrag der Grundlagenforschung zu verdanken ist. Dabei erreicht AM PULS dank ständig wechselnder - und auf aktuelle Interessen abgestimmter! - Themen immer wieder neue Personen. Gemeinsam mit einer intensiven und - im digitalen Zeitalter wahre Wunder wirkenden - individuellen Bewerbung der Veranstaltung gelingt es so, einen echten Beitrag dazu zu leisten, dass das Ansehen von Wissenschaft, Forschung und Innovation in Österreich steigt.
Das Angebot muss sich auch in diesem Fall an der Nachfrage orientieren. Zuhören ist noch immer die erfolgreichste Art der Kommunikation.