Junge Talente, Zusammenarbeit zwischen Disziplinen und inklusive Gemeinschaft fördern
Gastbeitrag --- Meine drei Wünsche an die Politik sind eng mit drei zentralen Zielen meines Instituts verbunden, an denen wir täglich arbeiten:
Erstens: die Ausbildung der nächsten Generation an Forschenden durch unsere Graduiertenschule. Die Förderung junger Talente und ihre Ausbildung sind von entscheidender Bedeutung, um den Fortschritt in Wissenschaft und Technologie voranzutreiben. Dazu braucht es beste Studien- und Promotionsbedingungen, Mentoring und Karriereentwicklung. Aber die Talentförderung beginnt nicht erst mit dem Studium oder der Promotion. Als Grundvoraussetzung müssen schon früh, in der Schule, Talente erkannt und gefördert werden - vor allem jene, die es durch familiäre Umstände vielleicht schwerer haben. Dazu braucht es eine inspirierende Lernumgebung für junge Menschen, die die Neugier auf Wissenschaft einschließt. Am ISTA leisten wir mit dem Science Education Programm VISTA unseren Beitrag, in dem wir Lehrende ausbilden und Schülerinnen und Schüler für unsere Forschungsfelder begeistern. Wenn mehr Institutionen im Land Ressourcen erhielten, um mit uns an diesem Ziel zu arbeiten, dann könnten wir gemeinsam noch viel mehr erreichen.
Zweitens: der Abbau von Barrieren zwischen wissenschaftlichen Disziplinen. Die komplexen Probleme, die die Herausforderungen unserer Zeit darstellen, scheren sich nicht um künstlich von uns gesetzte Grenzen. Deshalb schauen wir am ISTA auf unsere klugen Köpfe und nicht auf die Disziplinen, es gibt keinen gesetzten Kanon und keine künstlich hochgehaltenen Fachgrenzen. Wir tun alles, damit sich die Forschenden vernetzen und Ideen, Methoden und Theorien verbinden. Mein Wunsch ist deshalb: Wir müssen die Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen fördern, über eindimensionales Fachdenken hinauswachsen und die Silos aufbrechen, die oft den Fortschritt behindern. Dies erfordert nicht nur eine Änderung der Forschungskultur, an der wir alle gemeinsam mitwirken müssen, sondern eben auch eine Anpassung der Förderstrukturen und Anreize, um die Zusammenarbeit zwischen Instituten und über Fachgrenzen hinweg zu erleichtern.
Drittens: Entscheidend für den Erfolg der Wissenschaft ist eine ehrliche Offenheit und echte Willkommenskultur für Forschende aus dem Ausland. Die internationale Zusammenarbeit ist für den wissenschaftlichen Fortschritt unerlässlich, und wir müssen sicherstellen, dass Österreich ein attraktives Ziel für talentierte Forschende aus aller Welt ist. Dazu gehört nicht nur die Bereitstellung von finanziellen Mitteln und Infrastruktur, sondern auch die Schaffung eines offenen und inklusiven Umfelds, in dem sich alle willkommen und geschätzt fühlen. Wissenschaft, Politik und Wirtschaft müssen hier eng zusammenarbeiten, um die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen und die Integration von klugen Köpfen, die nicht in Österreich geboren wurden, zu erleichtern.
Insgesamt geht es mir darum, eine positive und zukunftsorientierte Vision für die Forschung zu schaffen, zu der die Wissenschaft selbst, aber eben auch die Politik ihren Beitrag leisten muss: durch die Förderung junger Talente, die Zusammenarbeit zwischen Disziplinen und die Schaffung einer offenen und inklusiven Gemeinschaft.
Zur Person:
Martin Hetzer ist Molekularbiologe und Präsident des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg (NÖ). Er folgte in dieser Position am 1. Jänner 2023 dem langjährigen ISTA-Präsidenten Thomas Henzinger nach. Hetzer, der im Jahr 1997 in Biochemie und Genetik an der Universität Wien promoviert wurde, war zuvor am The Salk Institute for Biological Studies in La Jolla (US-Bundesstaat Kalifornien) tätig, zuletzt als Senior Vice President. Er kehrte nach über 20 Jahren wissenschaftlicher Karriere im Ausland wieder nach Österreich zurück.
Service: Dieser Gastbeitrag ist Teil der Rubrik "Nachgefragt" auf APA-Science. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.