35 Jahre ESA-Mitgliedschaft: Aschbacher erwartet höhere Beiträge
Der seit 2021 amtierende, aus Österreich stammende Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA, Josef Aschbacher, erwartet, dass Österreich seine Beiträge zur ESA "signifikant erhöht". Andernfalls befürchtet er, dass die hierzulande vorhandenen Kapazitäten im Weltraumbereich "gefährdet sind und ins Ausland abwandern", wie er Dienstagnachmittag bei einer Pressekonferenz anlässlich der 35-jährigen Mitgliedschaft Österreichs bei der ESA in Wien erklärte.
Österreich wurde mit 1. Jänner 1987 Vollmitglied bei der ESA. Deren Budget setzt sich zum größten Teil aus Beiträgen der Mitgliedsstaaten zusammen, dazu kommen noch Teilbeträge von der EU und anderen Organisationen. Für das laufende Jahr gibt die ESA ihr Gesamtbudget mit 7,15 Mrd. Euro an. Rund zwei Drittel davon kommen von den ESA-Mitgliedsstaaten (4,81 Mrd. Euro). Mit einem Beitrag von 49,8 Mio. Euro beträgt der Anteil Österreichs an den von den Mitgliedsstaaten finanzierten Budgets für Aktivitäten und Programme ein Prozent. Das ist nominell zwar mehr als 2009 (43,4 Mio. Euro), damals betrug der Anteil Österreichs am Gesamtkuchen allerdings noch 1,54 Prozent.
Das von den Mitgliedsstaaten stammende ESA-Budget besteht aus einem Pflichtbeitrag, den jedes Mitgliedsland basierend auf seinem Bruttoinlandsprodukt (BIP) bezahlt - für Österreich liege das bei 2,12 Prozent, sagte Aschbacher. Die anderen 80 Prozent der Beiträge seien optionale Programme (Wahlprogramme), an denen sich ein Land beteiligen kann oder nicht, etwa ein konkretes Satellitenprojekt, eine Umweltmission oder eine Rakete. "Es wäre meine Erwartung, dass Österreich auch im optionalen Bereich in diese Größenordnung (2,12 Prozent, Anm.) kommt, dieser Bereich ist derzeit noch nicht so ausgestattet", sagte Aschbacher im Hinblick auf die nächste ESA-Ministerkonferenz im November, wo das Budget für die nächsten drei Jahre beschlossen wird.
Bei der letzten Ministerkonferenz 2019 hat Österreich seine Beiträge für die Wahlprogramme gegenüber 2016 reduziert, auch in Bereichen wie Erdbeobachtung. Das räumte auch die für die heimischen Weltraumagenden zuständige Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) ein und verwies dabei auf die damals in Amt befindliche Übergangsregierung. Sie habe aber deshalb Konjunkturmittel für eine Nachzeichnung von Programmen zur Verfügung gestellt.
Im Herbst werden die Weichen gestellt
Im Hinblick auf die Ministerkonferenz im Herbst werde gemeinsam mit der heimischen Weltraumbranche eine Erhebung über deren Einschätzung, Potenziale und Perspektiven gemacht. "Auf dieser Basis machen wir einen Vorschlag im Hinblick auf die nationale Budgetverhandlung und ich hoffe, damit gestärkt zur Ministerkonferenz zu fahren", sagte Gewessler. Sie verwies auf die "hochkompetente Zulieferindustrie" in Österreich mit rund 200 Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit über 1.500 Beschäftigten, die einen Umsatz von über 140 Mio. Euro pro Jahr erwirtschaften.
Aschbacher drängt auf stärkere Beteiligung Österreichs
Angesichts der vielen Möglichkeiten und der Tatsache, dass jeder in ein Weltraumprojekt investierte Euro drei bis fünf Euro zurück in die Wirtschaft bringe, könne es sich Österreich fast nicht leisten, sich nicht stärker zu beteiligen, meinte Aschbacher. Für ihn wären ein Anteil Österreichs zum ESA-Budget von 2,1 Prozent "ein Idealwert", der nicht über Nacht zu erreichen sei, "aber was ich im Interesse Österreichs sehen will, ist ein guter Sprung in diese Richtung".
Aschbacher braucht aber nicht nur von Österreich höhere Beiträge - geht er doch, wie er sagte, mit einem Budgetvorschlag in die Ministerkonferenz, der um rund 50 Prozent höher als der letzte sei. "Ich werde dort ein sehr ambitiöses Programm auflegen, weil ich glaube, dass trotz aller Schwierigkeiten und Probleme, die wir alltäglich haben, der Weltraum essenziell für die Gesellschaft in Europa ist", sagte der ESA-Chef. Er unterstrich auch die Notwendigkeit der Autonomie des europäischen Weltraumsektors: "Wir müssen uns unabhängiger machen."
Zudem verwies er auf die sich rasant entfaltende Kommerzialisierung im Weltraumbereich. Das zeige das Beispiel Internationale Raumstation, die Ende dieser Dekade nicht mehr existieren und durch private Raumstationen bzw. Raumstationselemente ersetzt werde. "Private Firma werden anbieten, dass sich Europa dort ein Zimmer mieten kann, oder Europa muss sich eine eigene Kapazität aufbauen - diese Frage diskutieren wir und dieser Frage muss sich Europa stellen. Denn der Weltraum und auch der Mond werden der nächste Wirtschaftsraum werden, da muss man in größeren Dimensionen denken", sagte Aschbacher.