Pilotprojekt für Brennpunktschulen startet im Herbst
Das im Regierungsprogramm angekündigte Pilotprojekt zur Unterstützung von Brennpunktschulen startet im Herbst. Vorerst wurden für die Teilnahme 100 Volks- bzw. Mittelschulen ausgewählt, die bei Bildungsstandard-Testungen entweder über oder unter den Erwartungen abgeschnitten haben. Diese sollen im Wintersemester nun definieren, welche zusätzlichen Ressourcen sie brauchen. Ab dem Sommersemester 2022 sollen dann drei Semester lang insgesamt 15 Mio. Euro an sie fließen.
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Neu: Reaktionen SPÖ, NEOS, Armutskonferenz (letzter Absatz)
Ausgangspunkt der Überlegungen sei es gewesen, Brennpunktschulen besonders zu fördern, betonte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Dienstag - wobei er den Begriff für "unglücklich" halte. "Er hat einen selbstverstärkenden und stigmatisierenden Effekt: Wer will sein Kind schon in eine Brennpunktschule schicken?".
100 Schulen werden ausgewählt
Ausgewählt wurden zunächst 200 Schulen anhand eines Sozialindex, für dessen Kriterien die Alltagssprache der Schüler sowie Bildungshintergrund und sozioökonomische Faktoren des Elternhauses herangezogen wurden. Ein Forscherteam der Uni Wien um die Bildungspsychologin Barbara Schober wählte dann 100 Schulen aus - diese sind über das ganze Bundesgebiet verteilt, die meisten natürlich in Ballungsgebieten wie Wien, die wenigsten im Burgenland.
Voraussetzung für die Aufnahme: Eine Brennpunktschule hatte bei den Bildungsstandard-Testungen in Deutsch und Mathe entweder die aufgrund der Rahmenbedingungen zu erwartende Leistung übertroffen oder diese sogar noch unterboten bzw. eine wechselhafte Leistung gezeigt (Deutsch gut, Mathe schlecht oder umgekehrt). "Diejenigen, die erwartbare Leistungen erbracht haben, waren nicht interessant", so Faßmann.
Nicht nur mehr Lehrer als Unterstützung
Die ausgewählten Schulen werden nun zur Teilnahme am Projekt eingeladen. Sie bekommen aber nicht einfach mehr Lehrer, sondern müssen mit Unterstützung der Forscher sowie der Schulqualitätsmanager (früher: Schulinspektoren) selbst angeben, welche Ressourcen sie benötigen. "Das kann mehr Personal sein", meinte Faßmann. Ebenfalls möglich wären aber bauliche Veränderungen wie die Begrünung eines Innenhofs, organisatorische Maßnahmen, aufsuchende Sozial- und Elternarbeit oder zusätzliche Computer.
Daraus ergebe sich dann die Forschungsfrage: "Was sind die Rezepte des Erfolgs? Was sind Faktoren des Misserfolgs bei gleichen strukturellen Voraussetzungen?", so der Minister. "Wenn wir das wissen, tappen wir nicht im Diffusen, sondern können gezielt investieren."
Die Grüne Bildungssprecherin Sibylle Hamann kündigte eine kontinuierliche und eng begleitete Schulentwicklung an. "An diesen 100 Standorten wird man jetzt genau hinschauen." So könne man lernen, was besser und was schlechter funktioniere: "Diese Erfahrungen werden wir dann für Hunderte andere Schulen verwenden können."
Auch Schober verwies auf die Notwendigkeit einer genauen Analyse der jeweils eingesetzten Maßnahmen: "Die gleiche Ressource kann an unterschiedlichen Stellen ganz unterschiedlich genutzt werden." Daraus könne man dann lernen, warum etwas funktioniere oder auch nicht und wie man dies auf andere Schulen umlegen könne.
Opposition und Armutskonferenz fordern mehr
Viel zu wenig ist das Projekt für SPÖ, NEOS und die Armutskonferenz. "Wer Chancengerechtigkeit ernst meint, muss dieses Budget mindestens verzwanzigfachen und auf mindestens 500 Schulen ausweiten", kritisierte etwa SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid in einer Aussendung. Ihr NEOS-Pendant Martina Künsberg Sarre sprach von einem "Micky Mouse Projekt" und einem "Tropfen auf den heißen Stein". Auch die Armutskonferenz verlangte die Einführung flächendeckend und sofort. 100 teilnehmende Schulen würden bedeuten, dass nur jede elfte Pflichtschule mit großen Herausforderungen berücksichtigt werde, meinte Sozialexperte Martin Schenk.