Buchneuerscheinung "Wissen gegen Krebs" warnt vor Scharlatanen
Mit "Die Medizin und ihre Feinde" haben Ex-profil-Chefredakteur Herbert Lackner und der Wiener Onkologe Christoph Zielinski im Frühjahr 2022 ein erstes Erfolgsbuch gegen Schwurbelei und Verschwörungstheorien geliefert. Jetzt ist der zweite Streich des Autorenteams erschienen: "Dem Krebs auf der Spur".
Im Grunde genommen geht es in dem 180 Seiten umfassenden Sachbuch (Carl Ueberreuter Verlag) um ein ganz ähnliches Anliegen: Aufklärung und gesichertes Wissen über jene Krankheit, die wie keine andere seit Jahrhunderten bis Jahrtausenden von Mythen begleitet ist, sehr gern von Scharlatanen und Quacksalbern benutzt wird, um direkt und indirekt Betroffene sprichwörtlich mit falschen Hoffnungen auszunehmen.
Krebserkrankungen steigen
Dabei wären die Fakten klar. Das beginnt schon bei den Zahlen. "Heute erkranken pro Jahr weltweit etwa 20 Millionen Menschen an Krebs, 2050 werden es 35 Millionen sein. Das ist vor allem auf das Wachstum der Weltbevölkerung - von derzeit acht Milliarden auf zehn Milliarden im Jahr 2050 - und auf die steigende Lebenserwartung zurückzuführen", stellen die Autoren fest. Nicht irgendeine "geheime" Ursache lässt die Zahl der Krebserkrankungen steigen, es ist schlichtweg die demografische Entwicklung.
"Die Erfolgsgeschichte der Krebsforschung", lautet der Untertitel des Buches. Genau die kann sich sehen lassen. "Dank neuer Therapieformen sinkt die Krebsmortalität seit 2016 pro Jahr um etwa zwei Prozent. Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen, die früher nur noch wenige Monate zu leben hatten, bekommen so weitere Lebensjahre und das in durchaus vertretbarer Qualität. Fünf Jahre nach der gefürchteten Diagnose schwarzer Hautkrebs (Melanom) leben heute noch mehr als 90 Prozent. Auch bei früh erkanntem Brustkrebs und Prostatakrebs liegt die Fünfjahres-Überlebensrate an der 90-Prozent-Marke", führen Lackner und Zielinski an.
Erste Behandlungserfahrungen bei Brustkrebs vor 4.500 Jahren
Das alles ist das Ergebnis der Anstrengungen des menschlichen Forschergeistes seit Jahrtausenden. Der erste Arzt, der ein Papyrus-"Buch" über die Behandlungserfahrungen bei Brustkrebs geschrieben hat, lebte vor 4.500 Jahren in Ägypten. Krebserkrankungen suchten schon Hominiden heim, wie ein 1,7 Millionen Jahre alter Knochenfund (Zehenknochen mit einem Osteosarkom) belegt hat. Den Namen Krebs formulierte schließlich der Stammvater der westlichen Medizin, Hippokrates. Laut dem niederländischen Arzt Nicolaes Tulp (1593 bis 1674; dargestellt bei einer Obduktion auf einem weltbekannten Gemälde von Rembrandt van Rijn) verbreite sich Krebs wie eine Art Gift im Körper der Patienten.
Versuch und Fehler, falsche Annahmen und wieder Fortschritt in Richtung eines korrekten biologischen Verständnisses der bösartigen Erkrankungen haben die Medizin immer begleitet. Lackner und Zielinski beschreiben eindrucksvoll die Entwicklung der Krebschirurgie genauso wie jene der Strahlen- und Chemotherapie, der Krebsgenetik und schließlich der Immunologie, die mit monoklonalen Antikörpern zur gezielten Therapie von Karzinomerkrankungen, den Checkpoint-Inhibitoren und - aktuell - mit für den einzelnen Patienten perfekt personalisierten therapeutischen Krebsvakzinen zu einem Paradigmenwechsel in der Behandlung geführt haben. Dazu gibt es Bilder und auch Grafiken.
Autoren wehren sich gegen Esoteriker
Vehement wehren sich die Autoren schließlich im Kapitel "Die Stunde der Scharlatane" gegen Esoteriker und "Wunderheiler", die als Quacksalber schändliches Geld zu verdienen versuchten und es noch immer versuchen. So zitieren die Autoren auch den "Naturphilosophen" und eingefleischten Antisemiten Rudolf Steiner (Waldorf-Schulen): Krebs sei "eine Erkrankung des ganzen Menschen, die vor allem in einer Dysregulation der Lebenskräfte besteht, die im sogenannten Ätherleib zu suchen ist". Es gelte daher, "die aus dem körpereigenen Lebenskräftestrom herausgefallenen wuchernden Krebszellen in den körpereigenen Lebensleib einzubinden und dem ICH wieder die Verfügungsgewalt über die Wärme bzw. gestörten Wärmeprozesse zu geben".
Vor allem in Deutschland trieb in seiner Privatklinik in Bad Wiessee bis in die 1980er-Jahre der Arzt Josef Issels sein Unwesen mit "Fiebertherapie" und fragwürdigen Medikamenten. Die schwerstkranken Steve McQueen und Bob Marley gehörten zu jenen Patienten, die zwar viel Geld für zweifelhafte Therapien aufwendeten, aber bald starben. Ähnliches betrieb der "Wunderheiler" und Internist Ryke Geerd Hamer mit seiner "germanischen Medizin". Um ein Haar hätte das 1995 der damals sechsjährigen Olivia Pilhar mit einem Nierentumor das Leben gekostet, wenn sie nicht auf behördliche Anordnung am Wiener St. Anna Kinderspital wirksam behandelt worden wäre. 2016 wurde der selbsternannte Krebstherapeut Wassily Nowicky wegen Betruges zu dreieinhalb Jahre unbedingter Haft rund um sein gefährliches Mittel "Ukrain" verurteilt. Auch FPÖ-Chef Herbert Kickl wird von den Autoren mit zweifelhaften Aussagen zur Covid-19-Impfung und Krebs genannt. "Jeder Kommentar erübrigt sich", heißt es in dem Buch.
Wissen kann vor Krebs schützen
Wissen kann vor Krebs schützen. Genau die dazu notwendigen fundierten Informationen bietet das Buch von Zielinski und Lackner, versehen mit einem Vorwort vom Rektor der MedUni Wien, Markus Müller, der unter anderem schreibt: "'Dem Krebs auf der Spur' ist ein wunderbares Werk zweier herausragender Persönlichkeiten. Christoph Zielinski, dem wahrscheinlich bedeutendsten klinischen Onkologen Österreichs unserer Zeit, und Herbert Lackner, einer Legende des österreichischen Journalismus."
(Christoph Zielinski und Herbert Lackner: "Dem Krebs auf der Spur - Die Erfolgsgeschichte der Krebsforschung"; Carl Ueberreuter Verlag Wien, 180 Seiten, ISBN 978-3-8000-7880-6; 26 Euro)