Lungenkrebs-Früherkennung identifiziert auch Herzinfarkt-Risiko
Durch Lungenkrebs-Früherkennung könnte die Karzinom-Sterblichkeit bei Betroffenen um 45 Prozent gesenkt werden. Doch die regelmäßige Niedrig-Dosis-CT-Untersuchung von starken Rauchern würde auch Hochrisikopersonen für tödliche Herzinfarkt identifizieren. Das hat jetzt eine kanadische Studie ergeben.
Deutschland steht vor der baldigen Einführung eines Lungenkrebs-Screening-Programms mittels sogenannter Low-Dose-Computertomografie. In den USA gibt es dies längst, zahlreiche Staaten befinden sich in Umsetzung solcher Pläne. Trotz einiger Pläne gelangen in Österreich bisher solche Schritte nicht. Dabei erklärte der Wiener Lungenspezialist Arschang Valipour (Klinik Floridsdorf) erst vor kurzem: "Eine solche Low-Dose-CT-Früherkennungsuntersuchung dauert zehn Sekunden. Mittlerweile konnte mit solchen Programmen bei den Betroffenen die Gesamtmortalität (alle Ursachen; Anm.) bereits um 48 Prozent und die Lungenkrebs-Sterblichkeit um 45 Prozent gesenkt werden."
Der österreichische Nachholbedarf könnte im Lichte neuester Forschungsergebnisse aus Kanada immer dringlicher bis unverständlicher erscheinen. Kanadische Wissenschafter haben nämlich bewiesen, dass mit den Untersuchungen auf Lungenkrebs - vor allem Raucher ab 20 "Pack-Years" (20 Jahre täglich eine Packung Zigaretten oder Äquivalent) - auch jene Personen identifiziert werden können, die ein besonderes Risiko für einen Herzinfarkt haben. Die Low-Dose-Computertomografie kann nämlich auch eine gefährliche "Verkalkung" der Herzkranzgefäße erkennen.
Verkalkung der Herzkranzgefäße häufig
Die neue wissenschaftliche Untersuchung ist im "Canadian Medical Association Journal" (DOI: https://doi.org/10.1503/cmaj.231602) erschienen. Marcella Cabral Claires (Kardiologie/Universität von Ottawa) und ihre Co-Autoren wollten die Effekte des Lungenkrebsscreenings in ihrem Fachgebiet bestimmen. Sie analysierten die CT-Untersuchungen von 1.486 Personen, die an der Früherkennungsaktion zwischen März 2017 und November 2018 teilgenommen hatte. Das erste Ergebnis: Eine Verkalkung der Herzkranzgefäße wurde bei 82,9 Prozent der Untersuchten nachgewiesen. Bei 439 (29,5 Prozent) der Probanden war der "Verkalkungsgrad" sogar ausgedehnt.
Im Dezember 2023 holten die Autoren dann die Krankenakten der Teilnehmer noch einmal aus dem elektronischen Register und verknüpften die Sterbedaten mit den Untersuchungsergebnissen der Niedrig-Dosis-Computertomografien. Die Resultate sprechen noch stärker für solche Früherkennungsprogramme, weil man damit gleich mehrere Ziele erreichen könnte. Neben dem Erkennen von Lungenkarzinomen in einem heilbaren Frühstadium gelänge es offenbar damit auch, besonders durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen Gefährdete zu finden.
Eine ausgeprägte 'Verkalkung' der Herzkranzgefäße ging jedenfalls innerhalb des Beobachtungszeitraums von im Mittel 50 Monaten mit einer Verdoppelung der Sterblichkeit infolge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Herzinfarkt etc.) einher. Die Gesamtsterblichkeit (alle Ursachen) war sogar um den Faktor 2,39 erhöht.
Vorhersagefaktor für Todesfälle
So stellten die Wissenschafter schließlich fest: "Bei Personen, die sich zur Lungenkrebsvorsorge einer Niedrigdosis-Brustkorb-CT unterziehen, war eine ausgeprägte Verkalkung der Koronararterien ein unabhängiger Vorhersagefaktor für Todesfälle aller Art sowie durch Herz-Kreislauf-Zwischenfälle, selbst nach Berücksichtigung nicht-kardiovaskulärer Todesfälle. Die Möglichkeit, Risiken einer koronaren Herzkrankheit zu erkennen und zu reduzieren, kann einen zusätzlichen Nutzen der Lungenkrebsvorsorge darstellen."
In Österreich werden pro Jahr rund 5.000 Neudiagnosen einen Lungenkarzinoms gestellt. Die Zahl der Lungenkrebs-Todesfälle liegt jährlich bei rund 4.000. Das liegt daran, weil nur bei einem Viertel der Betroffenen Lungenkrebs im potenziell heilbaren Stadium I oder II erkannt wird. Genau das könnte ein Früherkennungsprogramm ändern. Darüber hinaus sind langjährige Raucher auch Hochrisikopersonen für lebensgefährliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Damit könnte eine jährliche Low-CT-Untersuchung dieses Personenkreises mehrfachen Nutzen durch das gleichzeitige Erkennen gefährlicher Atherosklerose entfalten.