Avatare sollen chronisch kranke Kinder in Klasse "vertreten"
Bereits seit einiger Zeit sind vereinzelt an Schulen kleine Roboter im Einsatz, die chronisch kranke Kinder in ihren Schulklassen "vertreten". Nun soll das Projekt auf breitere Beine gestellt und wissenschaftlich untersucht werden. Mit den Avataren können die abwesenden Schüler einerseits am Unterricht teilnehmen und andererseits auch den sozialen Anschluss in der Klasse behalten.
In Österreich können derzeit rund 17.000 Kinder und Jugendliche aufgrund von medizinischen Behandlungen oder Krankenhausaufenthalten den Unterricht nicht regelmäßig besuchen, verwies der Geschäftsführer der Innovationsstiftung für Bildung, Jakob Calice, am Montag vor Journalisten auf den möglichen Bedarf. "Sie müssen selbst lernen, selber den Stoff nachholen, sich selber motivieren."
Grundidee des Projekts: "Das Kind hat einen technischen Repräsentanten in der Klasse sitzen. Wenn ich nicht selbst in die Schule gehen kann, geht halt mein Avatar hin und überträgt Informationen an mich zurück", so Calice. AV1 heißt der rund 30 Zentimeter große Avatar einer norwegischen Firma, der dafür im Einsatz ist.
Dabei werden Bild und Ton direkt durch Kamera bzw. Mikrofon gestreamt. Umgekehrt leuchtet der Kopf des Avatars auf, wenn der Schüler sich meldet. Mittels Lautsprecher kann er am Unterricht teilnehmen und durch "Gesichtsausdrücke" Gefühle und Stimmungen mitteilen. Der Ton wird dabei in beide Richtungen übertragen, das Videobild dagegen nur auf das Tablet des kranken Kinds. "Das Kind wird nicht gesehen", betonte Thomas Pletschko von der Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde und dem Comprehensive Center für Pediatrics der Medizinuni Wien. "Das ist bei vielen Erkrankungen von Vorteil, weil sie so nicht wahrgenommen werden wollen." Der Stream kann dabei nur in Echtzeit angezeigt werden, Screenshots werden unterbunden.
Die Medizinuni führt gemeinsam mit der Uni Klagenfurt, der Heilstättenschule und dem privaten Bildungsträger "die Berater" nun ein dreijähriges Forschungsprojekt durch, das einerseits mehr Kinder mit Avataren ausstattet und die Auswirkungen von deren Einsatz untersucht. Die Stiftung beteiligt sich daran mit 60.000 Euro.
Die Stichprobe inkludiert dabei Kinder mit chronischen Erkrankungen, die entweder aus immunologischen Gründen nicht in die Schule gehen können oder aufgrund von Therapien nicht regelmäßig am Unterricht teilnehmen können - also etwa Krebs- oder Dialysepatienten oder Kinder nach Transplantationen. Sie müssen außerdem bereits ein Semester in die Schule gegangen sein und diese voraussichtlich mindestens sechs Wochen nicht besuchen können.
Ausgesucht werden die Kinder von der Heilstättenschule. In der Studie wird es unter anderem auch darum gehen, wie die betroffenen Kinder, deren Eltern, aber auch die Lehrer und der Rest der Klasse die Situation mit dem Avatar in der Klasse erleben.
Derzeit sind elf Avatare im Osten und Westen des Landes im Einsatz. Für das Projekt hat man mindestens 30 pro Jahr zum Ziel gesetzt - wobei klar ist, dass der Bedarf wesentlich größer sei, so Calice.