Frühe Globalisierung: Bronzezeit-Handelsnetzwerke zwischen Indien, Mesopotamien und Arabien nachgewiesen
Bereits vor 4.500 Jahren gab es einen wirtschaftlichen und kulturellen Austausch über Kontinente hinweg. Das zeigen neue Ausgrabungen von Archäolog:innen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Kalba, einer Küstensiedlung am Golf von Oman.
Kalba, im Osten der Vereinigten Arabischen Emirate gelegen, war vor 4.500 Jahren nicht nur eine der ältesten und stabilsten Siedlungen der Region, sondern vermutlich auch ein wichtiger Knotenpunkt für Handelsbeziehungen zwischen Mesopotamien, Indien und der arabischen Welt. Zu diesem Ergebnis kommen Archäolog:innen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) bei ihren jüngsten Ausgrabungen.
Barbara Horejs, Grabungsleiterin und wissenschaftliche Direktorin am Österreichischen Archäologischen Institut der ÖAW, betont die besondere Bedeutung der Fundstelle: "Kalba ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie Menschen in ökologisch günstigen Nischen siedelten, die über Jahrtausende hinweg nicht nur einen funktionierenden kulturellen Austausch ermöglichten, sondern auch neue kulturelle Dynamiken in Gang setzten".
Frühbronzezeitliches Wirtschaftszentrum
Die Anlage, die während der Umm an-Nar-Kultur etwa um 2.500 v. u. Z. errichtet wurde, weist massive Steinringmauern und Turmstrukturen auf. Sie war anscheinend mehr als 1.500 Jahre lang ein Ort intensiver wirtschaftlicher Aktivitäten.
Denn die Ausgrabungen, die Ende 2024 fortgeführt wurden, enthüllten erstmals auch massive Lehmziegelstrukturen im Inneren der Anlagen, Feuerstellen und Hinweise auf Handwerksproduktion, darunter Metallverarbeitung. Auf eine günstige Ausgangslage für eine Besiedelung von Menschen lassen Überreste von Mangrovenhölzern schließen.
Kulturelle Einflüsse
Neue Erkenntnisse brachte zudem das im Vorjahr entdeckte Siegel im sogenannten Golfstil, das Symbole der indischen Harappa-Kultur mit lokalen arabischen Einflüssen vereint und das nun 2024 prominent vom Grabungsteam publiziert wurde. Die Auswertung dieses wichtigen Fundes belegt die Anwendung von Verwaltungstechniken und entwickelter Administration für Handelsprozesse und weiträumige Netzwerke zwischen Indien und Arabien.
Neben kulturellen Artefakten fanden die Archäolog:innen auch Hinweise für die Verarbeitung von Kupfererzen aus dem nahegelegenen Wadi Hilo im Hadschar-Gebirge, wo Kupferlagerstätten bereits belegt sind. Michael Brandl, Labor-Leiter am Österreichischen Archäologischen Institut der ÖAW, konnte noch weitere Gesteinsfunde in der Region machen: "Unsere Ausgrabungen haben zahlreiche neue und bisher völlig unbekannte Lagerstätten von Feuerstein, verschiedene metamorphe Gesteine, Halbedelsteine, darunter Jaspis, Chalzedon, Achat, Karneol, entdeckt, deren weitere Untersuchungen derzeit laufen."
Überregionale Bedeutung Kalbas
Die Ausbeutung dieser Ressourcen spielte nach den Erkenntnissen der ÖAW-Archäolog:innen eine Schlüsselrolle im Handel mit Mesopotamien und anderen Regionen. Diese Entdeckungen legen nahe, dass Kalba nicht nur eine regionale, sondern eine überregionale Bedeutung hatte - sowohl für den Handel über den Seeweg als auch ins arabische Inland.
Die Ergebnisse der Forschung wurden 2024 in der Fachzeitschrift Antiquity veröffentlicht. Das Projekt wird von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der Sharjah Archaeological Authority und der Österreichischen Botschaft Abu Dhabi finanziert.