Neue Technologie zur Detektion von Schimmelpilzen
Schimmelpilze können bei immungeschwächten Menschen eine Aspergillose verursachen. Diese Pilzinfektion der Lunge kann in manchen Fällen bis zum Tod führen. Bisherige Diagnostiken von Aspergillose sind teuer und zeitintensiv, dabei ist es wichtig, die Krankheit schon frühzeitig zu erkennen. Eine ForscherInnen-Gruppe des Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib und der Technischen Universität Wien entwickelte nun ein neues Diagnostiktool auf Basis von DNA-Molekülen. Ziel ist es, Detektionskits herzustellen, die ähnlich wie SARS-CoV-2- Antigentests funktionieren. Neben therapeutischen Anwendungen wäre ebenso der Einsatz im Lebensmittelbereich gedacht, etwa, um Lebensmittel auf von Schimmelpilzen produzierte Giftstoffe zu überprüfen.
Unzureichendes Raumlüften, eine staubig-feuchte Umgebung oder verdorbenes Essen - schon machen sich Schimmelpilze breit. Die meisten von uns atmen diese Sporen jeden Tag ein, ohne gesundheitliche Folgen davonzutragen. Jedoch haben insbesondere immungeschwächte Menschen durch das Einatmen von Aspergillus-Sporen ein höheres Risiko, eine Aspergillose zu bekommen: Es handelt sich dabei um eine Pilzinfektion der Lunge bzw. oberen Atemwege, die durch Schlauchpilze der Gattung Aspergillus verursacht wird. Diese Schimmelpilze wachsen etwa auf Heu, Baumwollstoffen, Brot, Früchten, Holz, Tapeten oder Blumenerde und bilden Sporen aus, die über Staub in der Luft eingeatmet werden. Schätzungen zufolge sind 14 Millionen Menschen weltweit an Aspergillose erkrankt. Jährlich treten bis zu 600.000 Todesfälle auf.
Bisherige Diagnostiktests wenig aussagekräftig und zeitintensiv
"Zwar gibt es verschiedene Diagnostiken von Aspergillosen, darunter Lungen-Röntgen- und -CT-Scans, Gewebeprobenentnahme, Bluttests bis hin zur Probenentnahme und Anzüchtung von Pilzkulturen im Labor, jedoch sind diese Tests teuer und zeitintensiv. Dabei wäre wichtig, die Krankheit frühzeitig zu erkennen", erklärt Matthias Steiger, Forscher am Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und Associate Professor für Biochemie am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften an der Technischen Universität Wien. "Weiters werden diese pneumologischen Erkrankungen von unterschiedlichen Aspergillus Spezies verursacht. Um einen geeigneten Therapieansatz wählen zu können, ist es entscheidend, herauszufinden, welche der 40 gesundheitsschädlichen Stämme der insgesamt 450 Aspergillusarten eine Infektion ausgelöst haben", fügt die acib-Forscherin Valeria Ellena hinzu.
DNA-Aptamere als neue Plattformtechnologie
Gemeinsam mit Matthias Steiger forscht sie seit eineinhalb Jahren an einem neuen Diagnostiktool für Aspergillosen. "Unsere Plattformtechnologie fußt auf sogenannten DNA-Aptameren. Aptamere sind kurze, einzelsträngige und künstlich hergestellte DNA-Moleküle. Ihre Besonderheit ist, dass sie mittels ihrer 3D-Struktur an ein spezifisches Molekül binden können, zum Beispiel an Proteine wie z.B. bakterielle Gifte oder niedermolekulare Stoffe - darunter Aminosäuren, Antibiotika und Viruspartikel, oder wie in unserem Fall invasive Pilzstämme. Das bedeutet, dass sie an ihre Zielmoleküle ähnlich stark binden wie etwa Antikörper das tun und eine hohe Spezifität erreichen", erklärt Ellena den neuen Forschungsansatz. "Aufgrund ihrer Eigenschaften wie hohe chemische Stabilität, niedrige Immunogenizität und hohe Spezifität wurden Aptamere bisher als Therapeutika, in der medizinischen Diagnostik und der Umweltanalytik verwendet. Dass diese Oligonukleotide aber auch für die Detektion von Pilzinfektionen interessant sein könnten, dieser Ansatz ist neu", weiß Steiger.
Testsystem eignet sich für unterschiedliche Zielmoleküle
Aptamere werden künstlich in vitro hergestellt und können für bestimmte Zielmoleküle adaptiert werden. Um spezifisch an Pilzmoleküle zu binden, erstellten die ForscherInnen in einem ersten Schritt große Zufallsbibliotheken von DNA-Oligonukleotiden unterschiedlicher Basenabfolge. Aus diesen Sequenzen werden mithilfe moderner Sequenziermethoden jene mit der höchsten Affinität für das Zielmolekül herausgefiltert. Nach einer weiteren Selektion bleiben jene wenigen Oligonukleotide übrig, die man schließlich als Aptamere bezeichnet. "Wir konzentrierten uns in erster Linie auf die Detektion von Sporen des Schwarzschimmelstamms Aspergillus niger und konnten bereits spezifische Bindungsreaktionen beobachten", so Ellena. Die Plattformtechnologie lässt sich auf weitere Aspergillusarten übertragen.
Neuer Aptamer-Schnelltest als Ziel
Die isolierten Aptamere sollen als Basis für die Entwicklung eines einfach zu nutzenden Schnelltests dienen, der ähnlich funktioniert wie beispielsweise ein SARS-CoV-2-Antigentest. "Mit dem Unterschied, dass anstatt Antikörper unsere Aptamere verwendet werden. Letztere haben den Vorteil, aus synthetisierter DNA zu bestehen. Diese ist stets schnell in großen Mengen lieferbar, ist wesentlich günstiger als Antikörper und detektiert die Zielmoleküle schneller", so Steiger. Solche Aptamere-Test-Kits, die ein paar Euro kosten würden im Vergleich zu bis zu 30 Euro teuren PCR-Test, würden somit ohne teures Laborequipment und geschultes Fachpersonal in kurzer Zeit ein Testergebnis zur Verfügung stellen.
Anwendungen für Lebensmittel, Spitäler und kontaminierten Umgebungen denkbar
"Aktuell sind wir auf der Suche nach Herstellern, die auf Basis unserer charakterisierten DNA-Sequenzen einen Prototypen gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern an der Karl Landsteiner Universität bauen würden, um weitere Tests durchführen zu können", so Steiger. Die ForscherInnen prognostizieren der neuen Technologie ein breites Anwendungsfeld. Ellena: "Prinzipiell kann man so gut wie jeden Organismus isolieren und analysieren. Dies macht die Technologie einerseits als Instrument für die Forschung interessant. Andererseits könnten Detektionskits auch im Lebensmittelbereich eingesetzt werden, um Lebensmittel auf Mykotoxine - das sind von Schimmelpilzen produzierte Giftstoffe - zu überprüfen. Denkbar wäre auch die Messung von pathogenen Schimmelpilzsporen in der Luft innerhalb potenziell kontaminierter Umgebungen; oder aber auch in Spitälern, um Infektionen vorzubeugen."
Über acib
Das 2010 gegründete Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) entwickelt neue, umweltfreundlichere und ökonomischere Prozesse für die Biotech-, Chemie- und Pharmaindustrie und verwendet dafür die Methoden der Natur als Vorbild. Das internationale Forschungszentrum für industrielle Biotechnologie ist eine Non-Profit-Organisation mit weltweiten Standorten und Hauptsitz in Graz. acib versteht sich als Partnerschaft von 150+ Universitäten und Unternehmen. acib-Eigentümer sind die Universitäten Innsbruck und Graz, die Technische Universität Graz, die BOKU Wien sowie Joanneum Research. Gefördert wird das K2-Zentrum im Rahmen des COMET-Programms durch das BMK, BMAW sowie die Länder Steiermark, Wien, Niederösterreich und Tirol. Das COMET-Programm wird durch die FFG abgewickelt.
Über die TU Wien
Die Technische Universität Wien ist Österreichs größte Forschungs- und Bildungseinrichtung im Bereich Technik und Naturwissenschaften. Unter dem Motto "Technik für Menschen" wird an der Technischen Universität Wien seit mehr als 200 Jahren geforscht, gelehrt und gelernt.
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Rückfragehinweise Assoc. Prof. DI Dr. techn. Matthias Steiger Acib-Researcher Forscher am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften (TU Wien) T.: +43 1 58801 166552 E-Mail: matthias.steiger@tuwien.ac.at Pressekontakt Martin Walpot, MA Head of Public Relations and Marketing (acib GmbH) T: +43 316 873 9312 E-Mail: martin.walpot@acib.at