Autoimmunerkrankungen: Forschungsverstärkung für Med-Uni Graz
Menschen mit Typ-1-Diabetes leiden tendenziell häufiger an einer zusätzlichen Autoimmunerkrankung. So haben sie ein mehr als dreifach erhöhtes Risiko, an Multipler Sklerose zu erkranken. Wenn sie von Lupus betroffen sind, entwickeln sie eher Nierenkomplikationen als Menschen mit nur einer Krankheit. Grazer Forscher wollen die Zusammenhänge erforschen. Von einer US-Diabetesforschungsstiftung haben sie dafür eine Förderung von 450.000 Dollar (378.530 Euro) erhalten.
Lupus (Schmetterlingsflechte), Multiple Sklerose (MS), rheumatische Arthritis, Typ-1-Diabetes: Wenn das Immunsystem plötzlich den eigenen Körper angreift und ihn schädigt, spricht man von einer Autoimmunerkrankung. So auch bei den genannten weitverbreiteten Erkrankungen. Während Typ-2-Diabetes ein häufiges Resultat ungesunder Ernährung ist, so handelt es sich bei Typ-1 um eine Autoimmunerkrankung, die durch einen fortschreitenden Verlust von insulinproduzierenden Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse gekennzeichnet ist: Das Immunsystem zerstört die Beta-Zellen, wodurch Betroffene auf eine lebenslange Insulintherapie angewiesen sind.
Das Immunsystem als Ausgangspunkt
Multiple Sklerose schädigt das Nervensystem, im Gegensatz dazu kann systemischer Lupus erythematodes (SLE) den gesamten Körper betreffen und praktisch jedes Organ oder Gewebe angreifen. "Bei aller Heterogenität der organspezifischen Manifestationen der Erkrankungen ist doch immer das Immunsystem der Ausgangspunkt", schilderte Thomas Pieber von der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie an der Medizinischen Universität Graz im Gespräch mit der APA. Ein interdisziplinäres Team unter seiner Leitung sucht nach den Zusammenhängen im Bereich der zugrunde liegenden Erkennungs- und Abwehrmechanismen des menschlichen Immunsystems.
Die amerikanische Förderorganisation zur Diabetesforschung (JDRF-Juvenile Diabetes Research Foundation) hat sich mit der Lupus Research Alliance und der National Multiple Sclerosis Society zusammengetan, um in gemeinsamen Forschungsprojekten das Verständnis der Autoimmunität zu verbessern. Dabei sind sie auf die steirischen Forscher aufmerksam geworden. Der Gruppe unter der Leitung von Thomas Pieber wurde für ihr Projekt in diesem Zusammenhang eine Förderung in der Höhe von 450.000 US-Dollar (rund 377.000 Euro) zuerkannt. Damit reihen sich die Grazer Forscher neben Wissenschaftsstandorte wie Stanford, Yale und Harvard ein, an denen aktuell ebenfalls JDRF-geförderte Projekte laufen, hieß es vonseiten der Med-Uni Graz.
"Wichtige gemeinsame bzw. unterschiedliche Stoffwechselvorgänge in Immunzellen sollen identifiziert werden, um in weiterer Folge neue Therapieansätze zu testen", umriss Pieber das Vorhaben. Das Team wird im Projekt "Comet" die aktuellsten Ansätze des maschinellen Lernens auf unterschiedliche klinische und metabolomische Daten von Menschen mit Typ-1-Diabetes, Lupus, Multipler Sklerose und rheumatoider Arthritis sowie gesunden Freiwilligen anwenden. Damit sollen Muster aus sehr großen Datensätzen identifiziert und gemeinsame oder unterschiedliche Eigenschaften ihrer Immunzellen und der Immunwege erkannt werden.
Neue Technologien machen Erforschung möglich
"Es wird schon länger vermutet, dass es gemeinsame Wegstrecken in der Krankheitsentstehung gibt. Aber die Forschung hatte lange nicht die richtigen Methoden, um das genau anzuschauen. Das ist jetzt durch innovative Technologien möglich geworden", schilderte Pieber. "Durch die Anwendung von maschinellem Lernen können Forscher-Bias und das Risiko wichtige Informationen in den untersuchten Daten nicht zu entdecken, stark reduziert werden", beschrieb der Grazer Diabetes-Experte die Vorteile der Unterstützung durch maschinelles Lernen.
Im Projekt arbeiten Expertinnen und Experten der Klinischen Abteilungen für Endokrinologie und Diabetologie, für Neurologie und für Rheumatologie und Immunologie - mit Kolleginnen und Kollegen des CBMed - Center for Biomarker Research in Medicine, der Joanneum Research (Health), der TU Graz (Institute of Computer Graphics and Vision) sowie der Medizinischen Universität Innsbruck zusammen.