Steigender Ressourcenverbrauch bringt oft wenig soziale Verbesserung
Im Zeitraum zwischen 1992 und 2015 ist die Anzahl jener Länder gestiegen, deren Ressourcenverbrauch ihre natürlichen Grenzen sprengt. Dieser Ausbau etwa des ökologischen Fußabdrucks, der intensiven Landwirtschaft sowie steigender Rohstoffbedarf bringe zwar auch Verbesserungen bei der Lebenserwartung oder im Bildungszugang mit sich, die soziale Unterstützung und die Vermögensgerechtigkeit gingen aber vielerorts zurück, so Forscher im Fachblatt "Nature Sustainability".
Insgesamt untersuchte das Team, dem u.a. der Erstautor Andrew Fanning von der University of Leeds (Großbritannien) und als Letztautor Nicolas Roux von Institut für Soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien angehörten, die Entwicklung in rund 140 Ländern weltweit. Der Analyse liegt die in mehreren Untersuchungen gefundene Erkenntnis zugrunde, dass aktuell eigentlich kein Land die Grundbedürfnisse seiner Bewohner befriedigen und gleichzeitig den Ressourcenverbrauch auf einem Level halten kann, der als annähernd nachhaltig angesehen werden kann, schreiben die Wissenschafter in ihrer Arbeit.
Größerer Ressourcenverbrauch bedeutet nicht unbedingt mehr Verbesserungen
Vielfach sei davon auszugehen, dass sich ein Effekt einstellt, bei dem ein noch größerer Ressourcenverbrauch nicht mehr entsprechend hohe Verbesserungen in anderen Bereichen wie der Lebenszufriedenheit, dem Zugang zu Energie, den CO2-Emissionen oder der Lebenserwartung mit sich bringt. Inwiefern das zutrifft, analysierten die Forscher anhand einer Datensammlung zu sechs konsumbasierten biophysikalischen- und elf sozialen Indikatoren.
Während um 1992 noch bei 68 Prozent der untersuchten Länder die CO2-Emissionen in etwa innerhalb ihrer ökologischen Grenzen lagen, sank dieser Wert 2015 auf 50 Prozent. Einen halbwegs annehmbar großen ökologischen Fußabdruck seiner Bewohner verzeichneten demnach 1992 noch 51 Prozent der Staaten, im Jahr 2015 waren dies nur noch 34 Prozent. Beim Rohstoffbedarf im ökologischen Rahmen blieben nach 61 Prozent (1992) vor sechs Jahren nur noch 47 Prozent.
Österreich lebt über seinen Verhältnissen
Österreich findet sich laut der Untersuchung unter jenen Ländern, die in allen sechs biophysikalischen Indikatoren sehr weit über ihren Verhältnissen leben, aber auch bei den Sozialindikatoren gut abschneiden. Ähnlich ist das Bild etwa in Norwegen, den Niederlanden, der Schweiz oder Deutschland. Auf der anderen Seite des Spektrums finden sich großteils afrikanische Länder.
Besonders deutlich ihre Grenzen sprengen laut der Studie Australien, Kanada, die USA und Norwegen. "Insgesamt tendieren Länder eher dazu zuerst ihre ökologischen Grenzen zu überschreiten, bevor sie Ziele im sozialen Bereich erreichen", heißt es in der Arbeit.
Verbesserungen bei Lebenserwartung und Bildungszugang
Deutliche Fortschritte machten viele Länder allerdings vor allem bei der Lebenserwartung oder im Bildungszugang. Zugang zu mehr als 2.700 Kilokalorien pro Person und Tag konnten im Jahr 1992 nur 40 Prozent der berücksichtigten Staaten sicherstellen. Dieser Anteil stieg bis 2015 auf immerhin 64 Prozent. Ähnlich auch die Anstiege beim Zugang zu Elektrizität. Nur ein kleines Plus ergab sich beim Abbau von Armut.
Gleichzeitig gab es 2015 deutlich weniger Länder, in denen ein gewisses Maß an Vermögensgerechtigkeit gegeben war (15 Prozent), als das noch 1992 der Fall war (21 Prozent). Dass man sich auf Familie und Freunde verlassen kann, gaben mindestens 90 Prozent der befragten Personen im Jahr 1992 noch in 39 Prozent der untersuchten Länder an. 2015 konnten sich auf derart ausgeprägte soziale Unterstützung nur noch Menschen in 28 Prozent der Staaten verlassen.
"Die aktuellen Trends weisen eher in Richtung einer Vertiefung der Klima- und der ökologischen Krise, während sich soziale Schieflagen kaum eliminieren lassen", so die Forscher. Trotz jahrzehntelanger Lippenbekenntnisse zu mehr Nachhaltigkeit zeige sich, dass Länder mit hohen Werten bei den sozialen Indikatoren (etwa Ernährung, Lebenszufriedenheit, soziale Unterstützung, höhere Bildung) die Nachhaltigkeitsgrenzen deutlich sprengen und sich dieses Phänomen eher verstärkt.
Service: https://dx.doi.org/10.1038/s41893-021-00799-z