Prähistorischer Handel: Archäologen erforschen in Kalba Knotenpunkt
Die Küstenstadt Kalba in den Vereinigten Arabische Emiraten ist Knotenpunkt eines der ältesten nachgewiesenen Handelsnetzwerke gewesen, das vor etwa 4.500 Jahren von der Ägäis bis zum Indusgebiet reichte. Das hat ein internationales Forscherteam mit österreichischer Beteiligung befunden, das dort aktuell die Hinterlassenschaften von Besiedlungen zwischen 2.500 bis 600 v. Chr. mit Fokus auf die weit vernetzten Handelswege, Rohstoffe und den Alltag der Bewohner untersucht.
"Der entscheidende Erfolgsfaktor für den Wirtschaftsstandort war vor allem die geografische Lage von Kalba", erläuterte Grabungsleiter Christoph Schwall in einer Presseaussendung des deutschen Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA) in Mainz. Es müsse einerseits hervorragende Verbindungsrouten über See und Land gegeben haben, aber andererseits auch einen Zugang aus der Wüste über die Berge, der Karawanen den Weg zur Küste ermöglichte, so die Vermutung der Forschenden.
Fokus auf Handelsgüter
Was im Rahmen des Netzwerks konkret gekauft und verkauft wurde, ist eine der zentralen Fragen, denen die Wissenschafterinnen und Wissenschafter aktuell nachgehen, sagte Co-Grabungsleiterin Barbara Horejs von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gegenüber der APA: "Konkret zeigen unsere Daten und Funde, dass besondere Gesteine für aufwendig hergestellte Steingefäße und Objekte aus Halbedelsteinen (z. B. Calzedon) gehandelt wurden. Weitere Handelsgüter sind wahrscheinlich mineralische Rohstoffe wie Kupfer, das aus dem nahe gelegenen Hadschar-Gebirge stammt." Die aktuell laufenden Analysen an den Kupferlagerstätten im Hinterland, von Steinobjekten aus der Grabung selbst sowie potenziellen Lagerstätten und deren Abgleich seien aber noch abzuwarten, bevor in Zukunft auch vergleichbare Objekte von anderen Grabungsstätten entlang der Handelsrouten untersucht werden können.
Die weit vernetzten Handelswege, in denen der Ort eine Rolle als Knotenpunkt einnahm, wurden erst kürzlich, auch durch die Analyse des berühmten "Schatzes des Priamos", den Heinrich Schliemann 1873 in Troja ausgegraben hat, nachgewiesen: "Diese Netzwerke haben wir im Rahmen eines längerfristigen Goldprojekts mit Objekten aus Troia (Türkei), Poliochni (Griechenland) bis zu den Königsgräbern von Ur (Irak) vor kurzem mithilfe neuer Analysemethoden belegen können", erklärte Horejs. Dabei hatte sich gezeigt, dass das Rohmaterial Gold vermutlich aus denselben Lagerstätten stammt und die Art der Herstellung der Goldpreziosen sehr enge Kontakte innerhalb des großräumigen Netzwerks in der frühen Bronzezeit belegt.
Trotz der günstigen geografischen Lage sei die nahezu kontinuierliche Besiedlungsdauer über rund 2.000 Jahre erstaunlich, weil sich die Umweltbedingungen im Laufe der Zeit hin zu einem immer trockener werdenden Klima deutlich verschlechtert hätten, so Schwall. "Die Analysen der Mikroreste zeigen uns, dass die Küstenbewohner am Golf von Oman Fischerei betrieben haben und Dattelpalmen als Nahrungsquelle nutzten. Die botanischen Reste zeigen zudem das Vorkommen von Frischwasserressourcen in unmittelbarer Nähe", ergänzte Horejs. Die Forscher vermuten, dass der uneingeschränkte Zugang zu Süßwasser neben den Handelsrouten und Versorgungsnetzwerken eine zentrale Rolle bei der langen, erfolgreichen Besiedelung gespielt hat.
Seit 2019 forscht das Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI) der ÖAW in Kooperation mit der archäologischen Behörde vor Ort, der Sharjah Archaeology Authority (SAA), und mit Unterstützung der Österreichischen Botschaft in Abu Dhabi. Horejs sagte über die Kooperation mit dem SAA: "Die Gastfreundschaft ermöglicht uns diese exzellente Grundlagenforschung zu einem wichtigen Aspekt der Menschheitsgeschichte vor rund 4500 Jahren, die das Indusgebiet und die Golfregion mit Europa verbunden hat."
Seit diesem Jahr ist das LEIZA als neuer ständiger Partner an den Forschungsbemühungen beteiligt. Um zukünftige Perspektiven innerhalb der Zusammenarbeit zwischen dem Emirat Schardscha zu vertiefen, sind Horejs, die auch wissenschaftliche Co-Direktorin des ÖAI ist, und die Generaldirektorin des LEIZA, Alexandra W. Busch, derzeit in Kalba.
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