Ratten bitten Artgenossen mit Ultraschalllauten erfolgreich um Hilfe
Wanderratten sind überaus soziale Tiere: Sie leben in Gruppen und erhören die Bettelrufe ihrer erwachsenen Artgenossen um Futter, berichtet der österreichische Verhaltensbiologe Michael Taborsky. Das Vorspielen von häufigen Ultraschall-Bettellauten führte dazu, dass die Ratten ihre Hilfsbereitschaft erhöhten und Gefährtinnen öfter Futter zukommen ließen, schrieb er im Fachjournal "Ethology".
Es ist bekannt, dass Vogeljunge den Eltern ihre Bedürfnisse durch akustische und visuelle Signale mitteilen, so Taborsky, der am Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern (Schweiz) forscht und derzeit am Wissenschaftskolleg in Berlin arbeitet. Mit seinem Mitarbeiter Niklas Ingvar Paulson habe er nun erstmals durch Verhaltensversuche gezeigt, dass auch das Betteln erwachsener Tiere die Hilfsbereitschaft unvertrauter Artgenossen erhöhen kann.
Laute schrillen im für Menschen unhörbaren Bereich
Die Forscher nahmen Bettelrufe von hungrigen weiblichen Ratten mit einem Rekorder auf. Diese Laute schrillen im Ultraschallbereich (50 Kilohertz) und werden vom menschlichen Gehör (das auf Töne von 16 Hertz bis 20 Kilohertz ausgelegt ist) nicht wahrgenommen. Sie spielten diese Bettelrufe anderen weiblichen Ratten vor, die gelernt hatten, durch Ziehen eines Stabes der Artgenossin Futter zukommen zu lassen. Und zwar mit der durchschnittlichen Häufigkeit sowie mit verdoppelten Bettelrufraten.
Die durchschnittlichen Rufraten der Gefährtinnen ließen die Ratten relativ unbeeindruckt, sie erhöhten dadurch ihre Futterspenden nicht signifikant. "Die Hilfsbereitschaft bei der verdoppelten Bettelrate stach jedoch signifikant hervor", erklärte Taborsky der APA. Das Vorspielen von doppelt so vielen Ultraschall-Bettelrufen erhöhte die Anzahl der Hilfeleistungen demnach sehr deutlich.
Unmittelbarer Bedarf an Hilfe
"Durch vorangegangene Studien war bekannt, dass hungrige Ratten die Häufigkeit ihrer Ultraschalllaute erhöhen, wenn Sozialpartner in der Nähe sind", so der Forscher: "Eine erhöhte Rate an diesen Rufen scheint also zu vermitteln, dass unmittelbarer Bedarf an Hilfe besteht." In der nun vorliegenden Studie verschafften die Tiere bevorzugt ihren vermeintlich hungrigen - da öfter rufenden - Gefährtinnen Futter. Damit ist die Funktion dieser Ultraschalllaute als Bettelrufe belegt, sagte er.
Service: Nähere Infos unter https://dx.doi.org/10.1111/eth.13333.