Corona-Ampel: Strengere Schulregeln in drei Bundesländern
Die Ampel-Kommission fordert dringend weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Coronakrise. Denn die gegenwärtigen Zahlen stellten eine "ernst zu nehmende Bedrohung" dar, wie es in einer Aussendung des Gremiums heißt. "Unmittelbar erforderlich" seien etwa weitere Einschränkungen für Ungeimpfte. Für Oberösterreich und Salzburg wird de facto ein Lockdown empfohlen. Der Mund-Nasen-Schutz kehrt indes in drei Bundesländern an die Schulen zurück.
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Neu: Stellungnahme Bundesschulsprecherin und Elternverband (6., 7. und 8. Absatz)
In bisher ungekannter Weise schildert die Ampel-Kommission die Dramatik der Situation. Da mit hoher Wahrscheinlichkeit ein sehr hohes Systemrisiko an den Krankenanstalten erreicht werde, stehe die medizinische Versorgung der österreichischen Bevölkerung vor einer ernst zu nehmenden Bedrohung. Angeregt wird daher, Ungeimpften auch den Zugang zum nicht notwendigen Handel (also beispielsweise Kleidung, Elektronik etc.) sowie zu Museen zu untersagen. Aber man geht davon aus, dass selbst diese Maßnahmen wie auch eine Impfpflicht im Gesundheits- und Pflegebereich, die ebenfalls befürwortet wird, nicht reichen werden.
Daher schlägt die Kommission zumindest regional in besonders betroffenen Gebieten wie Oberösterreich und Salzburg weiter gehende Schritte vor, die einem Lockdown gleich kommen. Konkret verlangt werden "allgemein gültige kontaktreduzierende Maßnahmen", etwa die Beschränkung von Hochrisiko- und Risikosettings, wie z. B. Zusammenkünfte im privaten und öffentlichen Bereich, Gastronomie und nicht-essenzieller Handel. Bei Nichteintreten einer Trendumkehr seien diese Maßnahmen bundesweit auszurollen.
Maskenpflicht in Nieder-, Oberösterreich und Tirol
Unmittelbare Folgen hat die Ampel-Sitzung bereits für die Schulen in Nieder- und Oberösterreich sowie in Tirol. Ab kommender Woche gelten schärfere Regeln für den Schulbetrieb. Unter anderem müssen Schüler und Lehrer an Oberstufen auch im Unterricht Masken tragen, Schulveranstaltungen sowie Unterrichtsangebote mit externen Partnern wie Vereinen dürfen nicht durchgeführt werden. Unterdessen betonte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) im Budgetausschuss des Nationalrats, sich keinen weiteren Lockdown an Schulen vorstellen zu können.
In den drei betroffenen Bundesländern wurde erstmals die Schul-Sicherheitsstufe drei verhängt - in allen drei Ländern beträgt die risikoadjustierte 7-Tage-Inzidenz (weit) über 200, außerdem sind mehr als 20 Prozent der Intensivbetten mit Covid-19-Patienten ausgelastet. Konkret bedeutet die Risikostufe drei, dass neben der Maskenpflicht an den Oberstufen etwa Wandertage oder Skikurse nicht stattfinden dürfen. Von Vereinen an den Schulen geplante Sportkurse entfallen. Sollten noch Elternsprechtage in Präsenz geplant gewesen sein, müssen sie nun digital stattfinden, gleiches gilt für Konferenzen oder Sitzungen der Schulgemeinschaftsausschüsse. Musizieren mit Blasinstrumenten ist nur im Freien erlaubt.
"Wir haben mit Lehrkräften und Eltern den Spagat zwischen dem Anrecht auf offene Schulen und dem Schutz vor der Pandemie gut gemeistert und ich bin zuversichtlich, dass uns diese gemeinsame Kraftanstrengung auch weiterhin gelingt", meinte Faßmann in einer der APA übermittelten Stellungnahme. "Wir schützen die Schulen weiter. In den Bundesländern mit hoher Intensivauslastung hat die Corona-Kommission die Schulen auf Sicherheitsstufe drei gestellt." Das umfangreiche Testsystem an den Schulen (drei Tests pro Woche, mindestens einer davon PCR) bleibe weiter aufrecht. Mit dem Stufenplan ermögliche man einen regulären Schulbetrieb trotz hoher Inzidenzen. "Die Kinder und Jugendlichen zeigen seit Beginn der Pandemie ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein. Umgekehrt erwarte ich mir nun auch eine höhere Solidarität der Erwachsenen."
Bisher 3.400 positive PCR-Tests abgeliefert
An den Schulen wurden in dieser Woche bisher 3.400 positive PCR-Tests abgeliefert. Die Auswertung ist allerdings noch nicht ganz abgeschlossen.
Der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) sieht angesichts der hohen Inzidenzen, vieler Ausfälle bei Schülern und Lehrern und immer mehr Impfdurchbrüchen in einigen Bundesländern wie Oberösterreich akuten Handlungsbedarf. "Ich glaube, dass es höchst an der Zeit ist, hier auch entsprechend zu reagieren", kommentierte er gegenüber der APA die verschärften Maßnahmen. Dafür könne man allerdings nicht nur an den Schulen ansetzen, wo es mit der aktuellen Teststrategie eigentlich ein Werkzeug für einen sicheren Betrieb gebe. "Wir müssen alles dafür tun, um das System Schule so stabil zu halten, dass wir weiterhin in Präsenzunterricht bleiben können. Da braucht es auch unterstützende Maßnahmen von außen", so Kimbergers Appell an die betreffenden Bundesländer.
Für Bundesschulsprecherin Susanna Öllinger von der ÖVP-nahen Schülerunion war es absehbar, dass manche Bundesländer früher oder später in Risikostufe 3 kommen. Das sei schließlich der Grund für das Ausarbeiten eines Stufenplans gewesen. "Was für mich jedoch ganz klar ist: Schulschließungen müssen mit aller Macht verhindert werden!", betonte sie in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Sie appellierte an die Oberstufenschüler, auch unbequeme Maßnahmen wie die durchgängige Maskenpflicht konsequent mitzutragen. "Das Leben ist kein Wunschkonzert und noch viel weniger inmitten einer Pandemie".
Impfpflicht für Lehrerinnen und Lehrer abgelehnt
Eine 2G-Regel für Schülerinnen und Schüler ist für Öllinger indes ausgeschlossen, keinem Kind oder Jugendlichen könne das Recht auf Bildung verwehrt werden. Gleichzeitig appellierte sie an jede und jeden, die Impfangebote zu nutzen. Auch eine Impfpflicht für Lehrerinnen und Lehrer lehnt sie mit Verweis auf die ohnehin schon hohe Quote von über 80 Prozent ab.
Für den Bundesverband der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen (BEV) ist die Anpassung der Sicherheitsmaßnahmen bei steigendem Risiko zwar nachvollziehbar, wie Sprecher Christoph Drexler im APA-Gespräch betont. Allerdings wäre den Elternvertretern anstelle der durchgehenden Maskenpflicht eine Testpflicht auch für Geimpfte und Genesene lieber gewesen. Es stelle sich die Frage, ob nicht bei Jugendlichen strengere Regeln angelegt würden als bei der allgemeinen Bevölkerung. Außerdem würde Drexler sich wünschen, dass die Entscheidung für die Risikostufen besser nachvollziehbar wären.
Für die FPÖ ist die Ausweitung der Maskenpflicht eine "völlig überzogene Maßnahme". Kinder seien "keine Virenschleudern", so Bildungssprecher Hermann Brückl in einer Aussendung.
Trend bei Neuinfektionen zeigt überall nach oben
Da der 14-Tage-Trend bei den Neuinfektionen weiter überall nach oben zeigt, bleiben folgerichtig auf der Ampel sämtliche Bundesländer im roten Bereich, der sehr hohes Infektionsrisiko ausdrückt. Ober- und Niederösterreich, Salzburg sowie Vorarlberg drohen bei den Intensivkapazitäten in den kommenden beiden Wochen über die kritische 33 Prozent-Marke zu klettern. Der Trend bei den Über-65-Jährigen ist weiter im gesamten Bundesgebiet negativ, auch in dieser Altersgruppe steigen die Infektionszahlen stark an.
Wie gefährlich die Situation im Land mittlerweile ist, illustriert auch die Risikozahl, die sich aus den für die Farbgebung relevanten Faktoren ergibt. Unter 100 beginnt der orange Bereich des ohnehin hohen Risikos und das Bundesland mit dem aktuell besten Wert, die Bundeshauptstadt, liegt bei 214. Tirol als Land mit dem schlechtesten befindet sich bei 1057. Vor einer Woche lautete die Risikozahl dort noch 581.
Nur noch 23 Prozent der Fälle in Österreich sind asymptomatisch, was einerseits wohl mit dem heftigeren Verlauf der Delta-Variante, aber auch mit dem vergleichsweise niedrigen Testniveau zusammenhängen dürfte. In Tirol, einem Nachzüglerland diesbezüglich, wurde gar nur ein Prozent der aufgetauchten Fälle als asymptomatisch beschrieben. Wien testet mit Abstand am meisten und hat dann auch einen Anteil von 47 Prozent an asymptomatischen Fällen.
Abgeklärt werden bundesweit nur noch 35 Prozent der Fälle, klar am meisten in Wien und im Burgenland, am wenigsten, nämlich 20 bzw. 27 Prozent, in Oberösterreich und Tirol. Oberösterreich hat auch die bei weitem höchste rohe sowie risiko-adjustierte Sieben-Tages-Inzidenz an Fällen. Vöcklabruck war zuletzt der Bezirk mit den schlechtesten Werten gefolgt von Waidhofen/Ybbs und Braunau. Hollabrunn, Bruck/Mur und Mödling stehen noch am besten da.