Chemie-Nobelpreis: Quantenpunkte als Hightech-Hoffnungsträger
Mit den Quantenpunkten hat tatsächlich eine neue Art von Materialien Einzug in viele Wissenschafts- und Technologiefelder gehalten. Die Eigenschaften eines Materials nur durch seine Größe beeinflussen zu können, mache die Strukturen so interessant, sagte Armando Rastelli vom Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik der Universität Linz zur APA. Das Schöne daran sei, dass hier ein einstiges "Gedankenexperiment" tatsächlich realisiert werden konnte.
Man könne nun etwa einfach das Material festlegen, "die Größe beliebig anpassen und die Farbe beliebig ändern", so der Quantenphysiker. So lasse sich das gesamte Farbspektrum abdecken. Nur: "Das ist nicht intuitiv" - mit den Regeln der klassischen Physik nicht zu verstehen. Denn derartige Veränderungen setzten zuvor auch immer eine Änderungen in der chemischen Struktur einer Verbindung voraus. Rastelli: "Wenn ich ein Stück Papier schneide, ändert sich die Farbe nicht. Das passiert aber bei einem Quantenpunkt, und das ist beeindruckend."
Das sich dies nicht nur auf die Farbe, sondern beispielsweise auch auf die elektronischen Eigenschaften der Quantenpunkte erstreckt, mache diese für zahlreiche Bereiche höchst interessant. Einer davon ist die Quantentechnologie.
Während die quantenmechanischen Effekte für mehr oder weniger klassische Bauteile wie sehr scharfe Monitore genutzt werden können, gibt es auch originär quantenphysikalische Nutzungsideen. Rastellis Team arbeitet in letzterem Sektor und beschäftigt sich mit der Herstellung von Halbleiter-Nanostrukturen, in denen mit physikalischen Methoden Quantenpunkte eingebaut werden. Diese Objekte aus einigen Tausend Atomen verhalten sich gemeinschaftlich wie ein künstliches "Makroatom".
Verschränkte Photonen Grundlage von vielversprechenden Technologien
Diese kann man zum Beispiel anregen, und es werden Lichtteilchen (Photonen) erzeugt. Man kann so jedoch auch Photonen-Paare herstellen, die über beliebige Distanzen miteinander verbunden bzw. verschränkt bleiben. Dafür braucht es nicht wie in anderen Fällen etwa komplizierte "Fallen", in denen Atome zur Produktion solcher Paaren gehalten werden, erklärte Rastelli.
Solche verschränkten Photonen sind die Grundlage von vielversprechenden Technologien wie der Quantenverschlüsselung. Man kann Quantenpunkte aber auch als Quanten-Informationsträger nutzen. Das wiederum sei ein vielversprechender Zugang zur Quanteninformationsverarbeitung bzw. für künftige Quantencomputer.
Diese Ideen verfolgt man in Linz und in vielen anderen Forschungsgruppen weltweit, so Rastelli. Ein Vorteil sei, dass man sich mit den Quantenpunkten bereits in der Welt der Halbleiter bewegt, in der auch die herkömmliche Computertechnik zuhause ist. Auch Neo-Nobelpreisträger Moungi G. Bawendi bezeichnete Anwendungen im quantentechnologischen Bereich bei der Bekanntgabe der Laureaten in Stockholm heute als interessantes Betätigungsfeld.
Hier arbeite man aber mit anderen Quantenpunkten als mit jenen kolloidal, also chemisch und damit recht günstig hergestellten, für die der Nobelpreis vergeben wurde, betonte Rastelli. In der Physik setzt man auf kontrolliertes Kristallwachstum, was zu nochmals feiner strukturierteren Quantenpunkten bei höheren Herstellungskosten führt. "Es tut sich aber in beiden Bereichen viel", so der Physiker, der durchaus daran glaubt, dass der Nobelpreis das gesamte Forschungsfeld noch mehr belebt: "Vielleicht motiviert das noch mehr Leute."