Moos trotzt Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat durch Doppelbesetzung
Glyphosat ist ein weltweit verbreitetes Unkrautvernichtungsmittel und tötet alle behandelten Pflanzen. Alle? Nein, das kleine "Brunnenlebermoos" hört deswegen nicht auf zu wachsen. Es schöpft seine besondere Widerstandskraft aus einem speziellen Enzym namens "MurA", das auch alle seine Verwandten den Glyphosat-Behandlungen trotzen lässt, fanden Wiener Botaniker heraus. Die Studie ist im Fachmagazin "PNAS" erschienen.
In der Landwirtschaft sprüht man Glyphosat aus, bevor die Samen der Feldfrüchte gesät werden und aufgehen. Es tötet dann die "Unkräuter" auf den Feldern, indem es ein pflanzliches Enzym namens "EPSP-Synthase" hemmt. Dieses Enzym sorgt normalerweise dafür, dass bestimmte Eiweißstoff-Bestandteile (aromatische Aminosäuren) hergestellt werden, erklären Samuel Caygill und Liam Dolan vom Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien in einer Aussendung.
Künstliche Intelligenz half bei Forschung
Die Forscher fanden mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) heraus, dass die betroffene EPSP-Synthase in Laubmoosen (Bryophyta) einen nahen Verwandten namens "MurA" hat. Er übt dort auch dieselbe Funktion aus. Dadurch können die unscheinbaren Gewächse selbst bei Hemmung der EPSP-Synthase durch das Unkrautvernichtungsmittel weiterhin alle nötigen Eiweißstoffe produzieren. Sie sind somit "Glyphosat-tolerant". Je mehr MurA etwa das Brunnenlebermoos (Marchantia polymorpha) produziert, umso besser verkraftet es hohe Mengen von Glyphosat, berichten sie. Es verlor aber an Widerstandskraft gegen das Herbizid, als die Forscher sein MurA-Enzym funktionslos machten.
"Das Brunnenlebermoos ist kein großes Unkraut in der Landwirtschaft", erklärte Dolan der APA. Die unerwünschten Gewächse, gegen die Acker-, Wein- und Obstbauern Glyphosat einsetzen, sind sogenannte "höhere Pflanzen" (Gefäßpflanzen). Sie haben normalerweise kein MurA-Enzym. Dazu gehört auch die "Ackerschmalwand" (Arabidopsis thaliana), die bei den Forschern allerdings ein ungemein beliebter Modellorganismus ist. Als sie ihr ein MurA-Enzym spendierten, wurde auch diese Pflanze Glyphosat-resistent. Auf dem Feld ist es allerdings sehr unwahrscheinlich, dass Unkräuter die Resistenz von Marchantia polymorpha erhalten, so Dolan.
Service - https://doi.org/10.1073/pnas.2412997121